Goch-Kessel Wilde Schlachten im Klostergemäuer

Goch-Kessel · Der Mittelaltermarkt hat am Wochenende wieder tausende Besucher ins Kloster Graefenthal gelockt. Höhepunkte waren die große Feldschlacht und das Abfeuern echter Kanonen. Veranstalter: Markt soll in Zukunft wachsen.

 Mann gegen Mann vor historischer Kulisse. Der Mittelaltermarkt in Graefenthal legt besonderen Wer auf seine gewandeten Darsteller. Besucher, die ebenfalls verkleidet kamen, erhielten zwei Euro Rabatt.

Mann gegen Mann vor historischer Kulisse. Der Mittelaltermarkt in Graefenthal legt besonderen Wer auf seine gewandeten Darsteller. Besucher, die ebenfalls verkleidet kamen, erhielten zwei Euro Rabatt.

Foto: Gottfried Evers

Der Soldat hält die Lunte hoch über seinem Kopf, blickt noch einmal in die gespannte Menschenmenge. In Zeitlupe führt er den glühenden Stängel ans Ende des massiven Kanonenrohrs. Es zischt, dann ein ohrenbetäubender Knall. Der Boden vibriert kurz, die Kanone schnellt zurück, dichter Rauch steigt auf. Das Publikum: begeistert — klatscht, fordert Zugabe. "Bleiben sie hinter den Akteuren", ruft der Moderator ins Mikrofon. "Was wir hier machen, kann extrem gefährlich sein."

Der Mittelaltermarkt auf dem Kloster Graefenthal hat wieder tausende Besucher nach Goch-Kessel geführt. Es ist das bisher größte Projekt der Veranstalter auf dem Gelände. "Wir haben zwischen 170 und 200 Teilnehmer", sagt Irma Hogendoorn. "Besonders großen Wert legen wir dabei auf die reenactors", sagt Hogendoorn. Reenactor — das lässt sich wohl am besten mit Darsteller übersetzen. Menschen, die in ihrer Freizeit viel Herzblut, Zeit und Geld in historische Kostüme investieren, um dann anschließend etwa Mittelaltermärkte wie den in Graefenthal zum Leben erwecken.

"Unsere Teilnehmer kommen aus Deutschland, den Niederlanden, Belgien und Frankreich", sagt die Veranstalterin. Mit ihnen werden die Besucher ins 15. Jahrhundert zurückversetzt. Ins Jahr 1474 um genau zu sein. Damals zog das Heer der Burgunder, angeführt von Karl dem Kühnen, gegen die Reichsstadt Neuss und belagerte auf dem Weg dorthin das Zisterzienserkloster Graefenthal. Nicht nur mit Schwertern und Rüstungen — sondern eben auch mit donnernden Kanonen.

Bereits zum dritten Mal fand der Mittelaltermarkt auf dem Gelände des Klosters Graefenthal statt, allein 3000 Besucher waren es bei der Premiere im vergangenen Jahr. "Wir wollen von Jahr zu Jahr wachsen, um den Menschen immer mehr bieten zu können", sagt Irma Hogendoorn. Dass es dabei nicht immer mit Schwarzpulver und krachendem Getöse zugehen muss, zeigt sich beim Bummel zwischen den zahlreichen Ständen. Schmuck und Schmiedewaren, seltene Kostbarkeiten und Süßigkeiten nach Rezepten, die über 500 Jahre alt sind.

Ein junges Mädchen steht fasziniert vor dem Stand eines Lederhändlers. Das Frettchen hat sie schon erkannt, den Fuchs auch. Bei dem Leder, dass sie jetzt in den Händen hält, zögert sie aber. "Schlange?", fragt sie vorsichtig. Der Händler lacht: "Das ist Lachsleder — und so widerstandsfähig, dass man damit Sofas beziehen könnte." Das Mädchen staunt, ihre erwachsenen Begleiter ebenso.

Trotz großem Heerlager, Kerzengießen und Zaubershows: Höhepunkt des Wochenendes war die Nachstellung der großen Schlacht um das Kloster. Mit so viel Einsatz der Darsteller, dass sich manch Besucher wohl per Zeitmaschine ins Spätmittelalter zurückversetzt fühlte. Und wer nur widerwillig das Klostergelände verlassen wollte, kann beruhigt sein: Der nächste Mittelaltermarkt kommt bestimmt.

(lukra)
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