Grevenbroich 130 Jahre Ständehaus an der Lindenstraße

Grevenbroich · Am 6. Dezember 1886 tagte der Kreistag erstmals im damals nagelneuen Ständehaus. Auch heute prägt der repräsentative Backsteinbau die Lindenstraße wesentlich mit, und der Landrat hat dort nach wie vor ein Büro.

 Das Ständehaus im Bau in den 1880er Jahren. 120.000 Goldmark kostete das Gebäude.

Das Ständehaus im Bau in den 1880er Jahren. 120.000 Goldmark kostete das Gebäude.

Foto: Archiv Rhein-Kreis Neuss

Mit seinen markanten Türmchen und Dächern ist das dreietagige Gebäude ein Blickfang an der Lindenstraße - direkt neben dem Eingang zur Fußgängerzone. Es kann jetzt einen runden Geburtstag begehen. Heute vor 130 Jahren, am 6. Dezember 1886, tagte erstmals der Kreistag im Neubau, der nach wie vor als "Ständehaus" ein Begriff ist. Der Name kommt daher, dass der Kreistag sich damals nicht aus frei gewählten Vertretern zusammensetzte, sondern aus Delegierten der drei Stände des Adels, der Städte sowie Landgemeinden.

Ein repräsentatives, auch heute gefälliges, keineswegs mit Zierrat "überladenes" Bauwerk war damals entstanden. "Das Ständehaus ist ein schönes Gebäude, es strahlt Würde aus", sagt Landrat Hans-Jürgen Petrauschke. "Und es ist ein deutliches Zeichen, dass der Kreis in der Stadt Grevenbroich verwurzelt ist." Im Ständehaus sind heute unter anderem Büros des Landrats und von Kreisdirektor Dirk Brügge untergebracht.

 Seit Anfang der 90er Jahre steht die Skulptur "Formen des Wachsens" von Heinz Mack vor dem Ständehaus.

Seit Anfang der 90er Jahre steht die Skulptur "Formen des Wachsens" von Heinz Mack vor dem Ständehaus.

Foto: L. Berns

Lange Zeit wohnte der Landrat sogar im Ständehaus. Im 19. Jahrhundert löste der Backsteinbau ein Raumproblem. Als die königlich preußische Regierung zu Düsseldorf 1816 die Einteilung in Landkreise verkündete, bestimmte sie Grevenbroich zum Kreissitz. Um eine geeignete räumliche Unterbringung kümmerte sie sich aber nicht. Der Landrat und seine Verwaltung zogen immer wieder um. Die wechselnden Dienstsitze in Grevenbroich und Wevelinghoven - dort etwa in der "Burg" am Hemmerdener Weg und zuletzt im Heinsberg'schen Haus an der Poststraße - führten wiederholt zu Streitigkeiten zwischen den Kommunen.

Dann wurde Dauerhaftes geschaffen: 1883 beschloss der Kreistag den Bau des "Landrathurgebäudes". Im selben Jahr erwarb der Kreis für 40.000 Mark den 1,79 Hektar großen Besitz des verstorbenen Industriellen Christian Uhlhorn an der Lindenstraße. Unter Architekt Casper C. Pickel wurde das Gebäude im wilhelminischen Baustil für die stolze Summe von 120.000 Goldmark erbaut. "Das Ständehaus ist ein signifikantes Bauwerk, das einen wesentlichen Impuls zum repräsentativen Ausbau der Lindenstraße gegeben hat", würdigt Thomas Wolff vom Stadtarchiv.

Als erster Landrat zog Karl Friedrich von Oertzen samt der damals kleinen Verwaltung des Landkreises Grevenbroich ein. Das Haus nahm im Erdgeschoss den Sitzungssaal des Kreistages sowie die Büroräume des Landrats auf. In der ersten Etage lag dessen Dienstwohnung mit zwölf Zimmern, im Dachgeschoss logierten die Dienstboten. Mit Ende des Zweiten Weltkrieges war die Zeit der herrschaftlichen Wohnkultur im Ständehaus vorbei. Frühere Kreismitarbeiter berichteten von einer noch lange vorhandenen Badewanne in einem der Büros.

Schon bald war das Ständehaus viel zu klein, 1896/97 entstand die erste von vielen Erweiterungen an Lindenstraße und Am Ständehaus - besonders markant sind das Hochhaus aus den 60er Jahren und der Verwaltungsneubau mit Sitzungssaal aus dem Jahr 1997. Trotz des neuen Kreishauses in Neuss sind nach wie vor große Teile der Verwaltung in Grevenbroich.

(NGZ)
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