Grevenbroich Altersarmut nimmt zu - im Verborgenen

Grevenbroich · Das DRK Grevenbroich erweitert jetzt seine Angebote in dem erfolgreich angelaufenen Projekt gegen Altersarmut. Es gibt aber immer noch eine große Dunkelziffer von bedürftigen Senioren, die keine staatliche Hilfe in Anspruch nehmen.

 Immer mehr Senioren müssen jeden Cent umdrehen. Das Deutsche Rote Kreuz hat deshalb in Grevenbroich vor einem Jahr erfolgreich ein Projekt gegen Altersarmut gestartet, das jetzt noch ausgeweitet wird.

Immer mehr Senioren müssen jeden Cent umdrehen. Das Deutsche Rote Kreuz hat deshalb in Grevenbroich vor einem Jahr erfolgreich ein Projekt gegen Altersarmut gestartet, das jetzt noch ausgeweitet wird.

Foto: NGG

Sie sind Rentner und hätten eigentlich die Zeit, ihr Leben noch zu genießen. Stattdessen "igeln" sich immer mehr Senioren zu Hause ein, weil sie jeden Cent umdrehen müssen: In NRW und damit auch in Grevenbroich sind zunehmend Senioren ab 65 Jahren von Altersarmut betroffen. Die sogenannte Armutsquote stieg im Bundesland bei der Bevölkerung ab 65 Jahren von 2005 bis 2016 von 9,7 auf 15,8 Prozent, hat die Bundesregierung jetzt auf eine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen geantwortet. Der Anteil der Senioren, die auf Grundsicherung angewiesen sind, sei von 2010 bis 2015 um rund ein Drittel auf 4,1 Prozent gestiegen.

Zwar seien weder bei der Stadt Grevenbroich noch beim RheinKreis Neuss die Zahlen der Senioren erfasst, die von der Grundsicherung beziehungsweise Sozialhilfe leben müssen, teilt Stadtsprecher Robert Jordan auf Redaktionsnachfrage mit. "Solche Zahlen wären auch überhaupt nicht aussagekräftig, weil es immer noch sehr viele Senioren gibt, die gar nicht erst zum Sozialamt gehen, weil sie sich regelrecht schämen, um etwas bitten zu müssen", stellt Diplom-Sozialarbeiterin Anja Peltzer fest. Vor einem Jahr hat sie beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) Grevenbroich ein inzwischen erfolgreich angelaufenes Projekt gegen Altersarmut gestartet. Die Frühstücks- und Kaffeetreffen, die Kursangebote seien offen und vor allem gratis für alle Interessenten, "damit sich niemand diskriminiert fühlt", betont Peltzer, die die Angebote jetzt ausweiten will. Zwei Dinge sind ihr dabei besonders wichtig: Es gebe immer Ehrenamtler und Profis, die sich diskret für Einzelgespräche bereithielten und den bedürftigen Senioren Wege aufzeigen könnten, wo und wie sie finanzielle Unterstützung finden können. "Und wir motivieren dazu, sich selbst einzubringen, wir freuen uns, wenn die Senioren selbst ihre Fähigkeiten und ihr Wissen in unser Kursangebot einfließen lassen", ermuntert die Sozialarbeiterin zum Mitmachen.

Ähnliche Beobachtungen wie Peltzer machen die Diplom-Sozialarbeiterinnen Beate Müller und Cordula Bohle bei der Caritas. "Oft kommen von Altersarmut betroffene Senioren nicht unmittelbar zum Beispiel in unsere Wohnberatung. In vielen Fällen sind es Nachbarn oder Verwandte, die sich zunächst für die Betroffenen bei uns erkundigen", berichtet Bohle. Sie gibt aber auch zu, dass sich gerade beim Thema "Barrierefreiheit in der Wohnung" für Bedürftige "die Katze in den Schwanz beißt": Denn selbst der staatlich vorgesehene Maximalzuschuss vom 4000 Euro, beispielsweise für den barrierefreien Ausbau eines Badezimmers, reiche nicht annähernd aus. "Und da diese Menschen natürlich keine Ersparnisse haben, wurschteln sie sich so durch", verdeutlicht Bohle die soziale Ungerechtigkeit.

(NGZ)
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