Grevenbroich Bestseller-Autor begeistert das Publikum im Schloss

Grevenbroich · Mediziner und Satiriker Manfred Lütz bei den "Grevenbroicher Schlossgesprächen" der Konrad-Adenauer-Stiftung.

 Daniel Schranz (l.), Chefarzt Manfred Lütz (M.) und Hermann Gröhe.

Daniel Schranz (l.), Chefarzt Manfred Lütz (M.) und Hermann Gröhe.

Foto: LB

Die "Grevenbroicher Schlossgespräche" hat der örtliche CDU-Bundestagsabgeordnete Hermann Gröhe schon Jahre bevor er 2013 Bundesgesundheitsminister wurde, gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung ins Leben gerufen. Einen rappelvollen Rittersaal hat es im Alten Schloss dabei auch schon öfter gegeben. Selten dürfte das Publikum jedoch einem Redner derart begeistert applaudiert haben wie jetzt Manfred Lütz.

Der promovierte Mediziner, diplomierte Theologe und Bestsellerautor präsentierte sich nicht zuletzt als Rheinländer und "begnadeter Satiriker", als den ihn Daniel Schranz von der Konrad-Adenauer-Stiftung denjenigen vorgestellt hatte, die Lütz und seine provokanten Thesen noch nicht gekannt haben. "Die Dosis macht das Gift", zitierte Hermann Gröhe einen Paracelsus-Satz und warf die Frage auf, ob dies womöglich auch für das Streben nach Gesundheit gelten könne. Manfred Lütz bejahte dies uneingeschränkt und brannte in seiner Polemik gegen die "Gesundheitsreligion" ein regelrechtes Feuerwerk von Aphorismen ab.

"Alle Phänomene der Religion sind im Gesundheitswesen angekommen", sagte Lütz, der dies eine "immanente Eschatologie" nannte. Das Aachener Klinikum etwa sei zum "Petersdom Europas" avanciert, und das "Gefühl schlechthinniger Abhängigkeit", das dem Philosophen Friedrich Schleiermacher zufolge die Religion charakterisiert, kennzeichne heute das Verhältnis vieler Menschen zur Medizin. Lütz stützt seine Kritik auf harte Fakten: Gab es 1980 bundesweit gerade mal 100 000 Kunden in Fitnessstudios, waren es 2000 bereits 4,6 Millionen.

In der philosophischen Tradition sei Gesundheit keineswegs das höchste Gut, betonte Lütz, der Chefarzt des Alexianer-Krankenhauses in Köln-Porz ist. Wie schwer es überhaupt ist, zu definieren, was (geistige) Gesundheit ist, illustrierte er am Beispiel einer gut 100 Jahre alten Studie eines Berufskollegen, der zu dem Schluss kam, dass der statistische Durchschnitt "leichten Schwachsinn" aufweise.

Den in seinen Augen "einzig realistischen Gesundheitsbegriff" hat ein mit Lütz bekannter Hausarzt aus der Eifel nach 40 Jahren Berufserfahrung so formuliert: "Gesund ist ein Mensch, der mit seinen Krankheiten einigermaßen glücklich leben kann." Für Lütz ist "eine Ethik des Heilens das Ende aller Ethik", wie er mit Blick auf die vor einigen Jahren virulente Diskussion um die Stammzellenforschung sagte.

"Dagegenhalten" ist für ihn eine philosophische Grundhaltung, wobei Manfred Lütz letzten Endes nichts gegen das Streben nach Gesundheit hat. Er hält es mit der christlichen Tradition, für die "Gesundheit ein hohes, aber nicht das höchste Gut ist". Lebenskunst und Lebenslust müssen sich für ihn nicht ausschließen - und auch die Ewigkeit lasse sich schon in dieser Welt erfahren, so Lutz.

(NGZ)
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