Grevenbroich DRK startet Projekt gegen Altersarmut

Grevenbroich · Mit einem offenen Senioren-Frühstückstreff und einem -Kaffeenachmittag möchte das DRK die Hemmschwelle auch für von Altersarmut betroffene Menschen überwinden. Für Gruppen und einen Besuchsdienst werden Helfer gesucht.

Altersarmut ist wie eine schleichende Krankheit, die man nicht sieht: Das weiß Anja Peltzer, Diplom-Sozialarbeiterin beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) Grevenbroich, ebenso wie die Vorsitzende Margarete Kranz. Beide starten jetzt ein Projekt gegen Altersarmut in Grevenbroich. So sehr Beide aus ihrer Arbeit wissen, dass es Altersarmut in der "Energiestadt" tatsächlich gibt, so schwer sei sie zu beziffern: "Die alten Menschen haben Scham, und viele, die einen Anspruch auf Vergünstigungen und staatliche Unterstützung haben, scheuen sich, diese auch einzufordern und anzunehmen", stellt Peltzer fest, die in ihren zwölf Jahren DRK-Arbeit vor Ort hinreichend auch solche Erfahrungen gesammelt hat.

Eine verlässliche Zahl, wie viele Senioren über 65 Jahren in Grevenbroich Sozialhilfe beziehungsweise . Grundsicherung erhalten, gibt es auch nicht beim städtischen Sozialamt. Nach Auskunft von Stadtsprecherin Ines Hammelstein sind aktuell 800 SGB-II-Empfänger in Grevenbroich registriert. Es werde aber keine Statistik über die Altersgruppen geführt.

Die Betroffenen kapseln sich zumeist von der Außenwelt ab, vereinsamen, weil sie sich nichts mehr leisten können: So beschreibt die Sozialarbeiterin die Misere. Der verarmte alte Mensch gerate oft in einen Teufelskreis: Viele litten unter Depressionen, weil sie einsam seien, hinzu kämen körperliche Gebrechen, weil das nötige Geld für die Gesundheitsfürsorge fehle: "Ich kenne alte Menschen, die sich keine neue Brille oder kein Hörgerät leisten können", sagt Peltzer. Vor allem Frauen seien von Alterarmut betroffen, weiß Margarete Kranz und nennt ein typisches Beispiel: "Früher haben sich Frauen oft, wenn sie geheiratet haben, ihre Rente auszahlen lassen und dafür eine Küche oder eine Waschmaschine angeschafft. Und jetzt im Alter fehlt ihnen das Geld."

Um die Betroffenen zu erreichen, bietet das DRK Grevenbroich ab dem nächsten Monat zunächst einen offenen Frühstückstreff und einen Kaffeenachmittag für alle Senioren an. "Da kann und soll jeder hinkommen, niemand muss sich outen, dass er bedürftig ist ", betont Peltzer. Auf diese Pilotangebote sollen dann weitere Gruppen folgen, für die das DRK aber noch dringend ehrenamtliche Mitarbeiter sucht. Die sollen dann auch eigene Ideen und Fertigkeiten einbringen, zum Beispiel eine Malgruppe oder ähnliches gründen und betreuen. Außerdem möchte das DRK einen Senioren-Besuchsdienst aufbauen, wofür ebenfalls noch Freiwillige gesucht werden.

Alle neuen Ehrenamtler werden zunächst von Fachleuten geschult. Für die Gesamtqualifizierung über 60 Unterrichtsstunden müssen zwar zunächst 50 Euro gezahlt werden. Das Geld wird aber nach einem Jahr ehrenamtlicher Tätigkeit beim DRK erstattet, wie Peltzer und Kranz zusichern. In den Schulungen bekommen die neuen Freiwilligen auch umfangreiche Informationen über die Netzwerk-Partner des DRK: "Wir begleiten Senioren auch zu Ämtern und zu unseren Kooperationspartnern oder weisen sie auf solche Angebote, wie zum Beispiel das Netzwerk 55plus, hin", sagt Peltzer.

Besonders wichtig sei es ihr aber, dass die Senioren in dem Projekt gegen Altersarmut Hilfe zur Selbsthilfe erhalten und nicht entmündigt werden sollen, betont sie: "Wir wollen Wege weisen und Möglichkeiten aufzeigen, die den Betroffenen bisher vielleicht unbekannt waren", fügt sie hinzu. Kranz und Peltzer wissen allerdings auch, dass Altersarmut nicht nur in Grevenbroich ein politisches Thema ist. Peltzer sagt: "Die Altersarmut wird noch weiter ansteigen, wenn die heute nur geringfügig Beschäftigten oder Arbeitslosen selbst alt sein werden."

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort