Grevenbroich Erinnerung an lebenslange Freundschaft

Grevenbroich · Dieter Süverkrüp, Künstler, Kabarettist und Aushängeschild der politischen Liedkultur der 1960er Jahre, verband eine Freundschaft mit dem Maler Hans-Georg Lenzen, der in Neukirchen lebte. Jetzt spricht Süverkrüp über alte Zeiten.

1952 begann Dieter Süverkrüp, später ein mindestens so berühmter Liedermacher wie Wolf Biermann, sein Studium an der Werkkunstschule. Zeitgleich hatte ein anderer, später weltbekannter Mann hier in Düsseldorf seinen ersten Tag: Hans-Georg Lenzen begann seinen Lehrauftrag. "So lernten wir uns kennen", erinnert sich der inzwischen 83-jährige Süverkrüp. Als "glänzenden Zeichner und weitläufig gebildeten Menschen" lernte der Schüler seinen Lehrer kennen. Weil die Chemie stimmte, "wir waren einander durch das, was wir taten und dachten, gegenseitig sympathisch", brach der Kontakt jenseits der sechs Studiensemester nicht ab. Das Ergebnis: eine lebenslängliche Freundschaft. Sie hielt bis kurz vor dem Tod Lenzens, der 2014 im Alter von 93 Jahren starb.

Alle Welt nannte ihn "Schorsch", bis er "Hageh" als phonetische Umschrift seiner Initialen erfand - was auf japanisch "Glatze" bedeutet. "Er wollte immer alles wissen", erinnert sich Dieter Süverkrüp an den grundsätzlich aufgeschlossenen, interessierten Hans-Georg Lenzen, der im hohen Alter anfing, japanisch zu lernen. Seine Fähigkeiten gingen weit über sein Können als Künstler und Schriftsteller hinaus. In der ersten Kennenlernphase erzählten die beiden einander Witze - auf altgriechisch, später musizierten sie gemeinsam, Lenzen spielte Cembalo, Renaissance- oder Barockjlaute. Unvergessen der reiche Anekdotenschatz, entstanden bei vielen Gesprächen mit einem Glas vom guten Roten oder dem bevorzugten Abendessen in Form von Spaghetti. "Hageh hatte sich ein weißes Hemd mit roten Flecken gestaltet, damit er hemmungslos mit der Sauce kleckern konnte."

Als prägend hat er die intensiven Jahre an der Kunstwerkschule im Gedächtnis. Dieter Süverkrüp, der bereits als Junge angefangen hatte, sich mit figürlichen Darstellungen auseinanderzusetzen, weil sein Vater Maler war, schwärmt vom "mühelosen Umgang: Ich zeigte meine Arbeiten, er korrigierte, ich machte weiter". Vor allem habe er von seinem Lehrer eine "neue Weltsicht gelernt: die Wahrnehmung der Wahrnehmung". Im alten R4 Lenzens gingen die zwei auf Motivsuche, kreuz und quer entlang des Niederrheins, "ein hochinteressantes Gebiet mit seinen verrückten Landschaften und Städten". Bevorzugt im Winter war das Duo unterwegs, um kahle Bäume, zu Studien und Skizzen "hochinteressant", zu zeichnen. Stundenlang, erzählt Süverkrüp, hockten sie dafür heftig frierend nebeneinander hinter der Windschutzscheibe, bis der eine den anderen fragte, ob er fertig sei. Und in quasi geheimer Synchronität waren beide zeitgleich fertig. Entstanden ist daraus zum Beispiel die Ausstellung "Stadtlandschaften gesehen durch zwei Temperamente", denn "das gleiche Motiv entstand bei zwei Leuten" - aus der Totalen und heiter bei Hans-Georg Lenzen, "bei mir eher dramatisch".

Durch seine Krankheit sei "Hageh" Lenzen allmählich verblasst. Geblieben ist seinem Weggefährten Dieter Süverkrüp die "Erinnerung an eine sehr schöne Zeit". Als jetzt Marcelle Lenzen anrief, ob er Lust habe, anlässlich der Ausstellung "Glücksmomente" zum Gespräch nach Grevenbroich zu kommen, sagte er direkt zu. "Ich freue mich sehr darauf."

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