Grevenbroich Fotos erinnern an die Zeit vor dem Bagger

Grevenbroich · Heute wird im Museum Villa Erckens das Werkporträt "Landschaft, Tagebau, Umsiedlung" mit Fotografien des 1981 verstorbenen Kunstwissenschaftlers Norbert Garborini eröffnet. Es ist eine spannende Zeitreise in die Vergangenheit.

 Mariele Petersen-Garborini bereitet die Ausstellung mit Werken ihres 1981 verstorbenen Mannes Norbert Garborini vor. Das Werkporträt mit Bildern von Dörfern, die dem Tagebau gewichen sind, ist ab heute im Museum zu sehen.

Mariele Petersen-Garborini bereitet die Ausstellung mit Werken ihres 1981 verstorbenen Mannes Norbert Garborini vor. Das Werkporträt mit Bildern von Dörfern, die dem Tagebau gewichen sind, ist ab heute im Museum zu sehen.

Foto: L. Berns

Wer diesen Essay liest, taucht in die Vergangenheit ein. "Zur Mehrdeutigkeit von Bildaussagen in der Dokumentarfotografie" lautet der Titel, und geschrieben hat die lediglich vier DIN A4-Seiten umfassende Abhandlung Norbert Garborini. Das Spannende ist jedoch nicht allein der Text des 1981 im Alter von nur 34 Jahren verstorbenen Kunstwissenschaftlers, Künstlers und Fotografen. Es sind auch die Bilder, die den Betrachter zurückholen in eine längst verblasste Zeit. Sie zeigen Aufnahmen aus Morken-Harff, jenen in den 1970er Jahren dem Tagebau gewichenen Dörfern an der Stadtgrenze zu Bedburg. Die Originalbilder sind ab heute bis 20. Juli im Museum Villa Eckens zu sehen. Unter dem Titel "Landschaft, Tagebau, Umsiedlung" widmet sich dort ein Werkporträt dem Schaffen Norbert Garborinis.

Thomas Wolff und seine Kollegen vom Kulturteam der Stadt haben die Ausstellung mit viel Herzblut arrangiert. "Sie ist eine hervorragende Ergänzung zum Themenraum Tagebau in unserer Dauerausstellung", sagt Wolff. Der Historiker ist beeindruckt von der Bildästhetik Garborinis. "Die Fotos bestechen durch ihren sehr sachlichen Blick und die Bildkomposition. Sie zeigen die Landschaftsveränderung durch den Tagebau und schließen dabei die Ortsgeschichte ein", sagt Wolff.

Beeindruckend ist die Wucht, mit dem Garborini das Verschwinden von Landschaft und Gebäuden, kurz: von Lebensmittelpunkten, festgehalten hat. Zwei Fotografien zeigen die Sprengung von Schloss Harff, das dem Braunkohlentagebau 1972 weichen musste. Sie halten diesen Moment fest, tackern ihn in aller Nüchternheit in die Erinnerung. Stein verwandelt sich in Staub, Geschichte löst sich auf, und der Auslöser der Kamera klickt im Takt dazu. Was bleibt ist das Bild, die Fotografie, die die Erinnerung an das imposante Wasserschloss, einst Sitz der Grafen von Mirbach-Harff, hinüberrettet in das Hier und Jetzt.

Norbert Garborini widmete sich in den 1970er Jahren intensiv der künstlerischen Dokumentation des Braunkohlentagebaus am Beispiel der Orte Morken-Harff. Immer wieder zog es ihn mit seiner Frau dorthin, um das Voranschreiten der Grube festzuhalten. In seinem Essay schreibt Garborini über die "Brutalität der Zerstörung", die letztlich nichts anderes sei als die "Annäherung an die Realität".

Garborini setzt dabei bedingungslos auf die Emotionen, die die Bilder beim Betrachter auslösen - und lässt sich nicht von einer Kerneigenschaft blenden, die der Fotografie gerne zugesprochen wird: dass sie Realität ungefiltert sammeln könne. "Objektivität vorzugeben, selbst in der Dokumentarfotografie, wäre ein größeres Hindernis, in die Realität vorzudringen als es durch die Erkenntnis der Subjektivität möglich ist", schreibt Norbert Garborini.

Es ist eine Einladung an jeden Betrachter, sich mit seinen Bildern zu beschäftigen - und eine Zeitreise nach Morken-Harff zu unternehmen.

(NGZ)
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