Grevenbroich Führt Gentest zu Claudias Mörder ?

Grevenbroich · Die Polizei hat 14 Jahre nach dem Mord an der Elfjährigen neue Spuren gefunden. Das Amtsgericht Mönchengladbach ordnete für zwölf Männer, die laut Staatsanwaltschaft nicht als Beschuldigte gelten, die Abgabe einer Speichelprobe an. Einer der Männer legte dagegen Beschwerde ein.

 Das Landgericht Mönchengladbach entschied jetzt, dass die Staatsanwaltschaft einen Mann dazu zwingen kann, eine Speichelprobe abzugeben.

Das Landgericht Mönchengladbach entschied jetzt, dass die Staatsanwaltschaft einen Mann dazu zwingen kann, eine Speichelprobe abzugeben.

Foto: AP

Der Mordfall Claudia Ruf liegt bereits 14 Jahre zurück — er ist immer noch nicht aufgeklärt. Auf der Internetseite der Bonner Kriminalpolizei aber steht der ungelöste alte Fall unter der Rubrik "Fahndung / ungeklärte Fälle" an erster Stelle. Und die Ermittler haben endlich eine heiße Spur.

Lebend gesehen worden war die Elfjährige zuletzt am 11. Mai 1996 auf einem Feldweg , nachdem sie zwischen 18.15 und 18.45 Uhr ihr Elternhaus in Grevenbroich-Hemmerden verlassen hatte. Zwei Tage später wurde ihre Leiche in der Nähe von Euskirchen gefunden. Wer die Elfjährige verschleppt und ermordet hat, konnte die Kriminalpolizei damals trotz intensiver Fahndung und der akribischen Überprüfung Hunderter von Spuren und Hinweise nicht ermitteln.

Seit Ende des vergangenen Jahres gibt es die Hoffnung, den Mörder von Claudia Ruf doch noch zu fassen. Dank neuer Untersuchungsmethoden war es Mitarbeitern des kriminaltechnischen Labors des Landeskriminalamtes Düsseldorf gelungen, an den 1996 gesicherten Beweismitteln molekulargenetisches Material zu isolieren. Vom Opfer stammt es eindeutig nicht. Möglicherweise handelt es sich um die DNA von Claudia Rufs Mörder.

Auf Basis eines richterlichen Beschlusses rief die Polizei 348 Männer zu einer DNA-Reihenuntersuchung auf. Sie standen laut dem Mönchengladbacher Oberstaatsanwalt Peter Aldenhoff in irgendeinem Zusammenhang mit der Tat und seien nach Prüfung von mehr als 2000 Spuren nicht mit absoluter Sicherheit als Täter auszuschließen gewesen. Die Teilnahme an Massen-Gentests muss laut Strafprozessordnung (StPO) freiwillig erfolgen. 336 Männer ließen sich eine Speichelprobe entnehmen, zwölf kamen nicht zu dem Test.

"Ist unter diesen zwölf Männern der Täter?" Diese Frage ließ den Ermittlern keine Ruhe. Die Staatsanwaltschaft beantragte beim Amtsgericht Mönchengladbach die richterliche Anordnung des Tests. "Die zwölf Männer, die den Test nicht freiwillig gemacht haben, gelten nicht als Beschuldigte, gegen sie gibt es auch keinen konkreten Tatverdacht", betont Oberstaatsanwalt Peter Aldenhoff. Es gebe auf die Männer jedoch noch ungeklärte Hinweise, die zum Mordfall Claudia Ruf eingegangen seien.

Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 1996 darf die Staatsanwaltschaft Personen, die einen Reihentest nicht freiwillig mitmachen, nicht allein wegen dieser Verweigerung der Teilnahme als Verdächtige und damit Beschuldigte einstufen. Diese Auffassung teilt der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW. In der Vergangenheit hatte unter anderem das Amtsgericht Bochum im Jahr 2003 Gentests für Personen angeordnet, die zuvor nicht freiwillig Speichelproben abgegeben hatten.

Auch das Amtsgericht Mönchengladbach ordnete nun "Zwangstests" an. Ob diese Entscheidung den Fahndern rasch weiterhilft, ist ungewiss. Einer der zwölf Männer hat bereits gegen die Anordnung des Gentests Beschwerde eingelegt. Ob zu Recht, wird in letzter Instanz das Landgericht Mönchengladbach entscheiden. "Das Amtsgericht war der Auffassung, dass unser Interesse nach Aufklärung einer schwerwiegenden Straftat wie dem Mord an einem Kind über dem Persönlichkeitsrecht der betroffenen zwölf Männer anzusiedeln ist", meint Peter Aldenhoff. Er ist zuversichtlich, dass auch das Landgericht so urteilen wird. Dessen Entscheidung könne schon Anfang des kommenden Monats fallen.

Wann den elf Männern, die bislang keine Beschwerde gegen die Anordnung des Mönchengladbacher Amtsgerichtes eingelegt haben, Speichelproben entnommen werden, ist unklar. "Die Polizei in Bonn und Euskirchen hat die Anordnung an die Dienststellen in den Orten weitergeleitet, in denen die Männer leben. Die Orte sind über ganz Deutschland verteilt. Wann die Proben entnommen werden, steht deshalb nicht genau fest", erklärte Peter Aldenhoff. "Es kann auch sein, dass weitere Beschwerden eingehen." Der Mordfall Claudia Ruf wird wohl noch einige Zeit als "ungeklärter Fall" auf der Internetseite der Bonner Polizei stehen.

(NGZ)
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