Grevenbroich Gastronomen hadern mit Allergie-Liste

Grevenbroich · Gastwirte, Bäcker & Co. müssen eine Liste mit Zutaten und Stoffen auslegen, die Allergien und Unverträglichkeiten hervorrufen können. So sieht es die neue EU-Lebensmittelinformationsverordnung vor. Vielen geht diese zu weit.

Nadja Chramzowa seufzt. "Die Auflagen, die wir erfüllen müssen, werden einfach immer mehr", sagt die Gastronomin. Zusammen mit Ulrich Vogt führt sie die Traditions-Gaststätte "Haus Portz" am Grevenbroicher Markt. In den vergangenen Wochen hat sich das Duo vor allem mit der neuen EU-Lebensmittelinformationsverordnung beschäftigt. Sie gilt seit kurzem verbindlich in allen EU-Ländern und betrifft alle Betriebe, die Speisen und lose Lebensmittel verkaufen - also die gesamte Gastronomie vom Restaurant über Metzger und Bäcker bis hin zum Caterer. Die Betriebe müssen ab sofort die 14 wichtigsten Allergene, die in den jeweiligen Speisen enthalten sind, klar deklarieren. "Im Kern ist das keine schlechte Sache", sagt Vogt. "Mit der Verordnung wird aber übers Ziel hinausgeschossen."

Der Gastronom befürchtet, dass eine überbordende Auszeichnung von Allergenen Kunden abschrecken könne. "In der Vergangenheit hatten wir nie Probleme mit Allergikern. Die meisten wissen ohnehin, was sie vertragen und was nicht. Im Zweifelsfall haben sie einfach bei uns nachgefragt, welche Inhaltsstoffe in den jeweiligen Gerichten sind", sagt Vogt. Eine Kundin habe sogar ihr eigenes Dinkelmehl mitgebracht, weil sie eine bestimmte Fischpanade nur so vertragen konnte. "Auch das war kein Problem. Wir haben die Panade dann nach Kundenwunsch zubereitet", betont Vogt. Doch jetzt hängen im Restaurant Listen mit 14 Zutaten und Stoffen aus, die Allergien und Unverträglichkeiten auslösen können. Dazu zählen Milch und glutenhaltige Produkte ebenso wie Schalentiere, Nüsse, Sellerie und Senf. "Die Liste löst bei manchen Gästen vor allem Unsicherheit aus", sagt Nadja Chramzowa. "Es gibt sogar Kunden, die bis vor kurzem stets das gleiche Schnitzelmenü bestellt haben. Seit die Liste bei uns hängt, verzichten sie darauf - weil sie beunruhigt sind, dass sie möglicherweise doch etwas nicht vertragen könnten." Mit dieser Erfahrung und der Sorge, Kunden könnten abgeschreckt werden, stehen die Gastwirte nicht allein.

Rainer Spenke, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) im Rhein-Kreis Neuss, kennt den Unmut der Gastronomen. "Etwa 70 Prozent von ihnen erachten die Verordnung als nicht sinnvoll", sagt er. Das habe eine Umfrage ergeben. Ein häufiges Argument sei, dass Allergiker die Wirte und Köche beziehungsweise Bäcker, Metzger und Caterer bislang konkret auf Inhaltsstoffe angesprochen haben. Dies sei, so die Argumentation aus der Gastro-Szene, ausreichend und äußerst gut praktikabel gewesen. Die Liste sei daher überflüssig. Zudem wird bemängelt, dass Abhängigkeiten von Lieferanten bestehen. Bei Produkten, die eingekauft werden, sind die Gastronomen davon abhängig, dass die Erzeuger korrekte Angaben über Inhaltsstoffe mitliefern. Zudem wird der Aufwand bemängelt.

Manuela Schall vom Café Breiden zum Beispiel hat sich zwei Tage lang eingehend mit Inhaltsstoffen beschäftigt, bis sie alles als übersichtliche Kundeninformation schriftlich zusammenhatte. "Mir hat am Ende ganz schön der Kopf geraucht", sagt sie.

(NGZ)
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