Grevenbroich Gedehntes Grevenbroich

Grevenbroich · Grevenbroich Schuld an allem ist Horst Schlämmer. Seitdem der TV-Komiker Hape Kerkeling in seiner neuen Paraderolle des rasenden Reporters von seinem "Grevenbreusch" sang, weiß eine ganze Nation nicht mehr, wie es richtig heißt.

 Sonja Jentzsch aus Grevenbroich macht es vor: Die Lippen anspitzen tief Luft holen und dann: „Grevenbroooch“. Was viele nicht wissen: Das „i“ im Namen dient nur der Dehnung.

Sonja Jentzsch aus Grevenbroich macht es vor: Die Lippen anspitzen tief Luft holen und dann: „Grevenbroooch“. Was viele nicht wissen: Das „i“ im Namen dient nur der Dehnung.

Foto: NGZ

Die kleine sprachliche Lässlichkeit des fülligen Comedyreporters sorgt neuerdings bundesweit für Verwirrung, wenn von Grevenbroich die Rede ist. "Grevenbreusch" sagen viele in Anlehnung an Schlämmer. "Grevenbrusch" formuliert es mancher vermeintliche Sprachexperte kühn - und ganz Gewitzte sagen gar"Grevenbruich". Ja, wie heißt das denn jetzt?

Kerkelings Sprachfehler ist nur das Tüpfelchen auf dem i. Kaum jemand außerhalb des Rhein-Kreises weiß, wie "Grevenbroich" richtig ausgesprochen wird. Bestätigen kann dies Werner Amian. Er beantwortet als Vorsitzender der Grevenbroicher Verkehrsvereins fast täglich Anfragen von auswärtigen Gästen, die der Schloss-Stadt einen Besuch abstatten wollen.

Bei Zimmeranfragen oder touristischen Auskünften sorgt das "i" und seine sprachliche Verwendung immer wieder für Fragezeichen. Amian: "Die Aussprache unseres Stadtnamens ist längst nicht allen geläufig."

Auch Heike Pfennigs, Inhaberin des Hotels "Stadt Grevenbroich" bestätigt dies: "Meine Gäste fragen am Telefon immer wieder, wie das denn ausgesprochen wird." Obwohl die gebürtige Niedersächsin Pfennigs seit 42 Jahren in Grevenbroich wohnt, spricht sie ihre Heimatstadt manchmal immer noch falsch aus. "Ab und an müssen mich die Grevenbroicher noch verbessern."

Zumindest den Bewohnern des Rhein-Kreises, insbesondere der Stadt Grevenbroich, sollte die korrekte Aussprache ihrer Heimatstadt doch vertraut sein. Sollte man zumindest glauben dürfen. Doch selbst dort gibt es offenbar Zweifel .

"Auch in unserer Stadt hat sich mancherorts still und heimlich die Sprechweise 'Grevenbreuch' eingeschlichen", sagt Werner Amian.Auch Norbert Häke, Pressesprecher der Stadt, bestätigt, dass es vereinzelt zu Anfragen nach der richtigen Aussprache im Bürgerbüro komme.

Schuld an der Verwirrung trägt das "Rheinische Dehnungs-i". Eine etymologische Besonderheit, der sich die Sprachwissenschaftler gleich bändeweise widmen.

Professor Jürgen Macha zum Beispiel. Er ist Professor für Sprachwissenschaft an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster und weiß, was mit ihm (zum Glück) immer noch die meisten Schlossstädter wissen: Grevenbroich spricht man "Grevenbroooch" - mit langem "o". Das "i" wird nicht mitgesprochen.

Der gebürtige Bonner hat sich mit der Sprache im Rheinland in seinem dicken Wissenschaftsband "Rheinisch-Westfälische Sprachgeschichte" befasst und sagt: "In der deutschen Rechtschreibung existiert das Dehnungs-i lediglich noch in Eigennamen." Das Grevenbroicher Schicksal teilen auch andere Städte im Rheinland. Korschenbroich, Troisdorf oder Boisheim bei Viersen.

Und wer im Rheinland den Familiennamen Voigt oder Fußbroich trägt, der kennt das Problem ebenfalls. "All diesen Eigennamen ist gemein, dass das "i" als Dehnungszeichen verwendet wird. Es wird nicht mitgesprochen, sondern deutet nur an, dass der vor ihm stehende Vokal lang gesprochen wird", erklärt Professor Jürgen Macha.

Die Regelung mit dem dehnenden Vokal wiederum gelte nur für den Fall, dass das "i" vor einem "o" steht. Im Ortsnamen "Duisburg" zum Beispiel deutet das "i" hinter dem "u" nur an, dass das "u" als Umlaut "ü" gesprochen wird.

Wie Duisburg ausgesprochen wird, das weiß in Deutschland jeder. Ganz im Gegensatz zu Grevenbroich. Aber das ist vielleicht auch deshalb so, weil Horst Schlämmer noch nie über "Mein Du-Isburg" sang.

(NGZ)
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