Grevenbroich Grevenbroicher pflegt Kontakte zu den Nachfahren jüdischer Bürger

Grevenbroich · Zum jüdischen Lichterfest Chanukka hat Ulrich Herlitz vom Grevenbroicher Geschichtsverein wieder Grüße in alle Welt verschickt. Der 49-Jährige unterhält seit vielen Jahren zahlreiche Beziehungen zu Juden, die Wurzeln in seiner Heimatstadt haben. Er hält sie auf dem Laufenden über seine Forschungen und über die Erinnerungs-Projekte, die in Grevenbroich von Jugendlichen und Erwachsenen initiiert werden.

 Ein Bild aus den 30er Jahren zeigt die Brüder Walter und Fritz Stern (Mitte) mit Nachbarskindern.

Ein Bild aus den 30er Jahren zeigt die Brüder Walter und Fritz Stern (Mitte) mit Nachbarskindern.

Foto: Archiv Herlitz

"Anfangs, in den 1990er Jahren, korrespondierte ich noch mit Zeitzeugen", sagt Herlitz. Heute steht er mit der zweiten, oftmals sogar mit der dritten Generation einiger Überlebender des Holocausts in Verbindung. Die Nachfahren leben in Großbritannien, Israel, den Niederlanden, Frankreich, Südafrika, Amerika oder der Schweiz und sind interessiert daran, etwas aus ihrer Familiengeschichte zu erfahren. Sogar bis nach Shanghai oder auf die Philippinen gibt es Verbindungen.

Von den Kontakten profitiert auch die Forschungsarbeit des Grevenbroichers, oft erhält er wertvolle Hinweise und Quellen. So war es Herlitz beispielsweise erst vor kurzem möglich, bei einem Besuch in London die Geschichte des Kindertransportes des Grevenbroichers Alfred Theisebach im Jahr 1939 für dessen in Amerika lebenden Sohn zu recherchieren oder ein Tagebuch aus der Zeit der Machtergreifung Hitlers von Töchtern der Familie Katz zu erhalten. In einer Londoner Bücherei stieß Herlitz zudem auf einen Bericht über die Verdrängung eines getauften Juden im Zuge der "Arisierung" von Erftwerk und Rheinischer Blattmetall.

"Neben Flucht, Leid und Holocaust möchte ich auch an Zeiten erinnern, in denen auf familiärer Ebene eine deutsch-jüdische Symbiose möglich war und auch in Grevenbroich gelebt wurde", sagt Herlitz. Beispielhaft nennt er die Grevenbroicher Familie de Giorgi, deren Kinder mit den beiden Brüdern Walter und Fritz Stern aus der Nachbarschaft auf der Schanze spielten.

"Zu Weihnachten waren die Stern-Brüder wie selbstverständlich auch Gast bei ihren christlichen Freunden. Im Gegenzug kamen christliche Nachbarskinder auch zu Feierlichkeiten der Sterns", berichtet Herlitz: "Und vor allem zu Geburtstagen gab es unbeschwerte große gemeinsame Feiern, an die sich der in den USA lebende, mittlerweile 93 Jahre alte Fritz Stern heute noch gerne erinnert." Auch das Tagebuch der 1938 über Palästina, seit 1945 nach Südafrika und schließlich Anfang der 1960er Jahre nach England emigrierten Lieselotte Katz enthalte - trotz eines frühen Verfolgungsschicksals - einige Hinweise auf eine unbeschwertere Zeit als Jugendliche in Grevenbroich.

Es sind Informationen wie diese, die Ulrich Herlitz gerne weitergibt an seine weltweiten Kontakte. Zum Lichterfest Chanukka, das in diesem Jahr mit Weihnachten zusammenfiel, verband er dies mit dem jüdischen Gruß "Chag Sameach" - ein frohes Fest.

(wilp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort