Grevenbroich Grevenbroicher wollen Straße nach couragierter Ärztin benennen

Grevenbroich · Den Vorstoß der städtischen Gleichstellungsbeauftragten Andrea Heinrich, mehr Straßen nach Frauen zu benennen, hat der ehemalige Kommunalpolitiker Bernd Kummer aufmerksam registriert. Und er hat gleich eine Kandidatin: Elfriede Cohnen. "Vor längerer Zeit habe ich in der SPD-Ratsfraktion vorgeschlagen, eine Straße im Stadtgebiet Grevenbroich nach ihr zu benennen. Dies ist leider bisher noch nicht geschehen", bedauert Kummer in einem Schreiben an Heinrich, das der NGZ vorliegt.

 Eine Straße wert: die Grevenbroicher Ärztin Elfriede Cohnen.

Eine Straße wert: die Grevenbroicher Ärztin Elfriede Cohnen.

Foto: Stadtarchiv

Mancher ältere Grevenbroicher wird sich an die 1979 verstorbene Röntgenärztin erinnern, die als Tochter des Grevenbroicher Textilfabrikanten Bernhard Cohnen aufwuchs. Als eine der ersten Frauen in Deutschland erhielt sie nach ihrem Jurastudium die Anwaltszulassung. Diese wurde ihr 1933 entzogen, weil sie als angebliche Jüdin einen Kommunisten verteidigt haben sollte. Daraufhin fing sie noch einmal ganz von vorne an, studierte Medizin und absolvierte eine Facharzt-Ausbildung zur Radiologin.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges ließ sie sich mit einer eigenen Hausarzt-Praxis in ihrer Heimatstadt nieder. "In dieser Zeit hat sie viele Grevenbroicher uneigennützig behandelt", berichtete Bernd Kummer gestern unserer Zeitung. Er selbst gehörte ebenso wie seine Familie zu den Patienten von Elfriede Cohen. Als "tough, couragiert und humorvoll" beschreibt Kummer die unverheiratete Ärztin. Aufgrund ihrer Behinderung - infolge einer Verletzung, die sie sich während des Ersten Weltkrieges zugezogen hatte, musste ihr ein Bein amputiert werden - seien ihr Hausbesuche immer schwerer gefallen. Im Jahr 1956 gründete sie ein Röntgeninstitut, praktizierte zudem im Grevenbroicher St. Elisabeth-Krankenhaus.

"Eine bemerkenswerte Frau", findet Bernd Kummer, der sich mit der Lebensgeschichte von Elfriede Cohen ausführlich auseinandergesetzt hat. "Sie hat unter dem Titel ,Ein Leben wie andere' einen autobiographischen Roman verfasst, den ich noch antiquarisch erwerben konnte", erzählt Sozialdemokrat Bernd Kummer, der sich nicht daran stört, dass Cohen vor dem Krieg Mitglied der konservativen Zentrumspartei gewesen sein soll. Vielmehr war er sehr in Sorge, als er vor Jahren das Familiengrab der Cohens auf dem Friedhof Stadtmitte bedroht sah. "Glücklicherweise konnte die Grabstätte erhalten werden", sagt er, "immerhin haben diese Menschen wirklich was für Grevenbroich bewegt." Das ist auch der Grund, weshalb er sich eine Elfriede-Cohen-Straße in der Schlossstadt einsetzt. Kann er sich erklären, warum noch immer so wenige Straßen Frauennamen tragen? "Nein", sagt er entschieden, "vielleicht liegt es daran, dass der Rat immer noch männerdominiert ist."

(susa)
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