Likör aus Grevenbroich Gute Tropfen wie zu Urgroßvaters Zeiten
Grevenbroich · In vierter Generation produziert Nadine Knobel feine Spirituosen. Dazu zählen "Caramba" und der berühmte Feldapotheker.
Dass sich im Hinterhof an der Lindenstraße eine Likörmanufaktur verbirgt, muss man wissen. Im Vorbeigehen lässt wenig darauf schließen, dass dort feine Elixiere namens Caramba oder der weltberühmte Feldapotheker hergestellt werden - in reiner Handarbeit. Verantwortlich für die Umsetzung ist Nadine Knobel, geborene Peter. "Ich habe den Beruf von der Pike auf gelernt", sagt die 42-jährige Grevenbroicherin.
"Irgendwie war immer klar, dass ich die Likörfabrik mal übernehme", erinnert sie sich an die Idee, "die Tradition gerne fortsetzen" zu wollen. Dass das ausgerechnet mitten in ihrem Studium passieren würde, war nicht vorhersehbar. Aber 2001 starb ihre Mutter Erika Glassmann, verheiratete Peter - und BWL-Studentin Nadine übernahm parallel zur Universität den Betrieb.
"Am Programm habe ich nicht viel geändert", "Caramba" ist nicht nur der Name eines Kräuterlikörs, der Name ist dank der 56 Volumenprozent auch Programm. Als Etikett ist deshalb eine feurige Dame im schwungvollen Tanz mit sich bauschendem Kleid gezeigt. "Ein Familienrezept. Davon habe ich ein ganzes Buch voll. Alles interessante Ideen", sagt sie über Waldbeerlikör, Nusscocktail und einen regionalen Weizendoppelkorn. "Allerdings ist es in Zeiten wie diesen nicht ganz einfach, sich mit Neuerungen zu positionieren. Und Gin macht inzwischen jeder."
Was das Label Glassmann trägt, ist ein absolut naturbelassenes Produkt. "Es werden keine künstlichen Aromastoffe oder Konzentrationen verwendet", erklärt Nadine Knobel, die vorm Studium eine Ausbildung zur Destillateurin und Industriekauffrau in Produktion und Labor absolvierte. Derlei Natürlichkeit zeichnet nicht nur "Caramba" aus, sondern vor allem den weltberühmten "Feldapotheker".
Als Urgroßvater Franz Glassmann die Rezeptur, die auf Ingwer und Pomeranzen basiert, einem Apotheker abkaufte, gab er ihr den Namen "Großes Hauptquartier". Um das feine Likörchen ranken sich viele Geschichten, die mit Krieg und Gesundung zu tun haben. So soll 1870/71 die deutsche Arme an Magen-Darm-Krankheit gelitten haben und der winzige Schluck des Lebenselixiers für rasche Genesung gesorgt haben. Selbst Kronprinz Friedrich setzte sich in Versailles an seinen Schreibtisch, um in lobenden Worten ausführlich die wohltuende Wirkung dieses Wundermittels zu preisen. Was der Adlige damals verfasste, hängt noch heute um jeden Feldapotheker-Flaschenhals - natürlich als Faksimile.
Wie zu Urgroßvaters Zeiten wird der berühmte Tropfen noch heute von Nadine Knobel und Team hergestellt: Wurzel und Schalen von Ingwer und Pomeranzen kommen in ein Gefäß und werden darin zusammen mit Alkohol angesetzt. Dann wird das Ergebnis gefiltert und in Bottichen in verschiedenen Schritten mit Wasser versetzt, um den Alkoholgehalt herabzusetzen, immer mal wieder gerührt, nie geschüttelt, und ist nach etwa zehn Tagen abfüllfertig. Auch das geschieht nicht maschinell, sondern per Kanne durch Filter in Glasflaschen.
Selbst die Verschlussmaschine wird manuell betätigt, "dafür braucht es "Können, Fingerspitzengefühl und Muckis", weiß Nadine Knobel. Im vorderen Teil der Likörmanufaktur, dort wo eine uralte Registrierkasse auf einem ebenso uralten Büromöbel mit tausendundeinem Schubfach steht, erfolgt dann die Etikettierung - mit Leimpinsel.
"Es ist ein saisonales Geschäft", jetzt in der kühleren Jahreszeit gehen die Liköre besonders gut. "Im Sommer trinken die Leute lieber mal eine Weißweinschorle." Aber da die Manufaktur 99 Prozent ihres Umsatzes per Versand macht, ist saisonunabhängig rund ums Jahr genug zu tun.