Grevenbroich IHK: Grevenbroich braucht eine S-Bahn

Grevenbroich · Der Wirtschaftsstandort Grevenbroich würde von einer S-Bahn-Anbindung profitieren. Auch Firmenchefs sehen die vorhandene Regiobahn als Hemmnis. Bürgermeisterin Kwasny betont: "Für eine S-Bahn brauchen wir Geld vom Land."

 Eine S-Bahn fehlt bisher in Grevenbroich. Sie könnte für den Wirtschaftsstandort Vorteile bringen, meint die Industrie- und Handelskammer. Ungeklärt ist, wer die Kosten tragen könnte.

Eine S-Bahn fehlt bisher in Grevenbroich. Sie könnte für den Wirtschaftsstandort Vorteile bringen, meint die Industrie- und Handelskammer. Ungeklärt ist, wer die Kosten tragen könnte.

Foto: L. berns

Mehr als 290 Mitarbeiter und 44 Azubis gehören zum Unternehmen Gottschall & Sohn in Kapellen. Doch Fritz Hollweg, der 65-jährige Geschäftsführer, weiß auch: "Für einige unserer Mitarbeiter ist der Weg nach Grevenbroich beschwerlich." Komfortabler wäre in seinen Augen eine durchgehende S-Bahn-Verbindung zwischen Grevenbroich und der Landeshauptstadt Düsseldorf. Diese Verkehrsmöglichkeit würde die Schlossstadt auch für Familien attraktiver machen, die finanzierbaren Wohnraum zwischen den Großstädten Düsseldorf, Köln und Mönchengladbach suchen, meint Maklerin Christine Neukirchen. Ihre Einschätzung: "Ein S-Bahn-Anschluss wäre sehr gut für die Stadt."

Bisher schien die Diskussion um die S-Bahn auf ein Abstellgleis zu führen; das Geld fehlt. Doch nun erhält das Vorhaben - ein Lieblingsprojekt des SPD-Landtagsabgeordneten Rainer Thiel - aus einer unerwarteten Richtung neuen Schwung: nämlich von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein.

Sie nennt die S-Bahn in ihrer aktuellen Standortanalyse als eine der Handlungsempfehlungen. Die Grundlage dafür bildet eine Umfrage unter 120 Unternehmen aus Grevenbroich. Diese hatten den Bus- und Bahnverkehr als ausbaufähig und "merklich schlechter als in der Region Mittlerer Niederrhein insgesamt" eingeschätzt. Die Kammer "unterstützt daher Initiativen, die eine durchgehende Verbindung zwischen Grevenbroich und Düsseldorf fördern - etwa durch eine Umwandlung der Erftbahn zur S-Bahn". Ein gut ausgebauter öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) dürfte das Fachkräftepotenzial der Grevenbroicher Unternehmen merklich erhöhen, lautet die Einschätzung der Wirtschaftsexperten. Beim Thema Mitarbeiter sahen auch die befragten Firmen Luft nach oben: Sie bewerteten deren "Lokale Verfügbarkeit" als unterdurchschnittlich.

Rainer Thiel sieht sich mit dieser neuen IHK-Forderung in seinem langjährigen Werben für die S-Bahn bestätigt. Wie das Millionen-Projekt gelingen könne: "Wir müssen Verbündete suchen - etwa beim Land oder bei den Verkehrsverbünden." Dort müsse das Thema nochmals platziert werden. Auch das Problem der unterschiedlichen Verkehrsverbünde müsse gelöst werden, da Grevenbroich an einer Schnittstelle liegt. "Eine S-Bahn wäre eine Investition in die Zukunft Grevenbroichs", ist Thiel überzeugt.

"Doch wer ist der Geldgeber?", gibt Landrat Hans-Jürgen Petrauschke zu bedenken. "Das Land hatte 2005 eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durchgeführt." Ergebnis: unrentabel. Auch der Kreis habe dies bereits zu D-Mark Zeiten prüfen lassen: Fünfzig Millionen Mark für die Zweigleisigkeit, fünfzig Millionen Mark für die Elektrifizierung hätten investiert werden müssen.

Dies sieht auch Bürgermeisterin Ursula Kwasny so: "Eine S-Bahn wäre schön. Aber wir als Haushaltssicherungskommune können sie nicht bezahlen." Dazu bräuchte Grevenbroich Geld vom Land NRW - unwahrscheinlich angesichts eines Defizits von 1,9 Milliarden Euro im Landesetat für 2015.

(NGZ)
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