Grevenbroich Inklusion: Rhein-Kreis startet Helfer-Pool

Grevenbroich · 2200 Schüler mit Förderbedarf werden im Rhein-Kreis unterrichtet. Immer mehr wollen an Regelschulen mit nicht behinderten Kindern lernen. Doch die nötigen Helfer fehlen am Nachmittag. Das will das Schulamt ändern.

 Kinder mit Förderbedarf schaffen es oft nicht alleine, dem Unterricht zu folgen. Persönliche Integrationsassistenten helfen ihnen stundenweise dabei.

Kinder mit Förderbedarf schaffen es oft nicht alleine, dem Unterricht zu folgen. Persönliche Integrationsassistenten helfen ihnen stundenweise dabei.

Foto: rm-

Fehlende schulische Betreuung am Nachmittag, unzureichende Informationen für Eltern und Lehrer, unklare Rechtslage. Vor vier Jahren hat die Bundesregierung den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern unter dem Schlagwort Inklusion ausgerufen und einen "Nationalen Aktionsplan" vorgelegt. Doch noch immer hakt es im Rhein-Kreis an der Umsetzung, wie die Neusser Initiative "Gemeinsam leben und lernen" (Igll) jetzt in einer Sondersitzung des Kreisschulausschusses mit großer Vehemenz berichtete. Das Gremium, das in der Neusser Joseph-Beuys-Schule tagte, fasste zwar keine Beschlüsse, hatte aber offene Ohren für die Anliegen der Eltern von behinderten Kindern.

"Es kann nicht sein, dass vormittags Inklusionsassistenten für die Kinder bezahlt werden, nachmittags im Offenen Ganztag aber damit Schluss ist", erklärte Igll-Vorsitzende Ursula von Schönfeld den Politikern. Vor 18 Jahren sei der Verein Igll gestartet, um fünf Kindern mit Behinderung in der Neusser Friedrich-von-Bodelschwingh-Grundschule mit einem persönlichen Helfer die Teilnahme am Unterricht zu ermöglichen. "Heute gehen fast 800 Kinder mit Förderbedarf an Grund- oder Sekundarschulen im Rhein-Kreis." Rund ein Drittel mehr als noch ein Jahr zuvor. Doch die Helfer für den Nachmittag fehlten oft. "Dabei hat das Land NRW 146 500 Euro für die Förderung der schulischen Inklusion gezahlt. Die könnten dafür eingesetzt werden", sagte von Schönfeld. Ebenso die 1,6 Millionen Euro, die der Rhein-Kreis durch die Zusammenlegung von zwei Förderschulen einspare. Schließlich gebe es für die rund 1400 Kinder an Förderschulen automatisch Integrationshelfer am Nachmittag, nur nicht an Regelschulen.

"Wir übernehmen die Leistungen für die schulische Bildung", erklärte Kreisdirektor Dirk Brügge. "Der Offene Ganztag ist ein freiwilliges Angebot." Der Kreis habe aber den Bedarf für den Nachmittag erkannt und wolle ihn nun teilweise mit einem neuen Konzept, einem "Schulpool", decken. "Damit würden wir die Integrationshelfer nicht einzelnen Schülern zuordnen, sondern den Schulen", sagte Kreisschuldezernent Tillmann Lonnes. Die Schulleitung entscheide dann über den Einsatz. "Wir wollen damit noch dieses Jahr an 19 Schulen modellhaft beginnen." Weiteres Vorhaben: der Ausbau der Koordinierungsstelle des Schulamtes hin zu einer Anlaufstelle in allen schulischen Angelegenheiten. So soll ein Inklusionsbüro eingerichtet werden, an das sich Eltern von behinderten Kindern mit allen Fragen rund um die Schule wenden können. Eine solche umfassende Anlaufstelle - "wie es sie auch im Baurecht gibt" - fehlt laut Igll bislang im Rhein-Kreis. "Inklusion ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Eltern, Schulen, Kommunen und Land", sagte Ursula von Schönfeld. "Wenn alle ihren Beitrag leisten, ist sie gut umsetzbar." Das sei auch Ziel des Kreisschulausschusses, versicherte Rainer Schmitz (SPD), Vorsitzender des Kreisschulausschusses. "Durch die Sondersitzung wollen wir das Thema vorantreiben." Selbst wenn keine Beschlüsse gefasst wurden - ein Antrag von SPD, Grünen und Piraten/Linke zur Erstellung eines konkreten Inklusions-Plans wurde abgelehnt -, habe man Antworten erhalten. "Und die Verwaltung hat uns Entgegenkommen signalisiert."

Die Erkenntnisse aus der Sitzung sollen Anfang 2016 in einem Arbeitstreffen vertieft werden. Einen ersten Workshop zur Inklusion hatte es bereits vor rund anderthalb Jahren gegeben.

(sug)
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