Grevenbroich Junger Nigerianer mag den Alpen-Rocker

Grevenbroich · Anderson Oghwoghwe ist einer von etwa 900 Flüchtlingen, die nach Grevenbroich gekommen sind. Der junge Nigerianer arbeitet als Praktikant bei einer Veranstaltungs-Agentur - und liebt die Songs von Andreas Gabalier.

 Auch in Lederhosen gibt Anderson Oghwoghwe eine gute Figur ab. "Chef" Dustin Thissen ist zufrieden.

Auch in Lederhosen gibt Anderson Oghwoghwe eine gute Figur ab. "Chef" Dustin Thissen ist zufrieden.

Foto: mape

Dass er ab und zu auch mal Lederhosen tragen muss, daran hat sich Anderson Oghwogh-we allmählich gewöhnt. "Sie sind ein bisschen verrückt", meint der 28-Jährige mit einem Blick auf die für ihn ungewöhnlichen Beinkleider: "Aber auch irgendwie bequem." Der junge Nigerianer, den alle nur Andy nennen, ist als Flüchtling nach Grevenbroich gekommen. Zurzeit absolviert er ein Praktikum beim Veranstalter Dustin Thissen, der gemeinsam mit seinem Kollegen Marc Pesch Hütten-Gaudis und Oktoberfeste veranstaltet. Und da sind Lederhosen ein Muss. Auch für den Mann aus Afrika.

Anderson Oghwoghwe ist vor der Terrormiliz Boko Haram aus seiner Heimat geflüchtet. Auf Lastwagen und Motorrädern hat er den Niger und Libyen durchquert, bevor Schleuser ihn und 200 weitere Flüchtlinge auf ein Boot verfrachteten. "Drei Tage lang waren wir unterwegs, bevor uns die italienische Küstenwache vom Wasser geholt hat", erinnert er sich. Über Umwege kam Andy nach Grevenbroich, dort fand er zunächst eine Bleibe in der Wevelinghovener Turnhalle. Heute lebt der 28-Jährige in der zur Unterkunft umgebauten Viktoria-Grundschule in Neurath.

In Wevelinghoven ist Dustin Thissen auf den jungen Nigerianer aufmerksam geworden. Weil Andy geradezu fußballverrückt ist, hat er ihn zum Training beim örtlichen Ballspielverein eingeladen. Mittlerweile ist Oghwoghwe dort ein fester Bestandteil der ersten Mannschaft. "Defensives Mittelfeld, sehr robust", schildert Thissen. Und weil Anderson Oghwoghwe mehr tun will als nur Fußball spielen, hat er ihn - in Absprache mit der Arbeitsagentur - als Praktikant in seine Event- und Marketing-Agentur aufgenommen.

Andy hilft jetzt beim Aufbau von Veranstaltungen im gesamten Rhein-Kreis und darüber hinaus. Für ihn eine ungewohnte Tätigkeit, denn der 28-Jährige war in seiner Heimat bei einer großen Straßenbaufirma beschäftigt. "Aber mir macht die Arbeit hier viel Spaß", sagt Oghwoghwe, der ein hervorragendes Englisch spricht und nun auch Deutsch lernen möchte. Was ihm an seiner Tätigkeit besonders gefällt: Bei Feten und Festen lerne er viel über die Deutschen und ihre Gewohnheiten. "Alles sehr interessant", sagt er. Gestern hat Anderson Oghwoghwe damit begonnen, seinen Führerschein zu machen, um im Praktikum mobil zu sein. Fahrschul-Chef Michael Hoffmann und sein Team haben sich des jungen Flüchtlings angenommen.

Mutter und Vater sowie die beiden kleinen Schwestern sind in Nigeria verblieben. Den Kontakt in die Heimat hält Andy über das soziale Netzwerk Facebook - das macht ihn manchmal traurig. Doch zurück möchte er auf keinen Fall: "Ich will nicht um mein Leben betteln, wenn irgendjemand in Nigeria einmal einen schlechten Tag haben sollte. Ich sehe dort keine Zukunft für mich", sagt der 28-Jährige, der christlichen Glaubens ist. Sein Ziel ist es, in Deutschland Fuß zu fassen.

Ein bisschen vom Geschmack seines Gastlandes hat er bereits verinnerlicht. "Hulapalu" von Andreas Gabalier - da hat sicherlich auch seine Arbeit auf Hütten-Gaudis und Oktoberfesten etwas abgefärbt - ist derzeit sein absoluter Lieblings-Hit. Anderson Oghwoghwe findet den Song des Alpen-Rock 'n' Rollers sogar so gut, dass er ihn als Klingelton auf seinem Smartphone hat. Lederhosen verbinden offenbar.

(NGZ)
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