Serie Denkmäler In Korschenbroich Kirchturm überstrahlt Ortsmitte seit 513 Jahren

Grevenbroich · Die Andreas-Kirche ist ein Wahrzeichen. Ihr Turm zeigte einst den Wohlstand der Stadt an.

Korschenbroich Er ist eines der ältesten Bauwerke der Stadt und längst zum Wahrzeichen Korschenbroichs geworden: der Turm von St. Andreas. Gebaut hatten ihn die Korschenbroicher einst, um mit ihm zu repräsentieren. Denn Kirchen benötigen eigentlich gar keinen Turm, weil er als Beiwerk gilt und keine theologische Bedeutung hat. Erst im elften Jahrhundert wurden Türme zu einem dominierenden Element der römischen Kirche. Sie gerieten fortan immer mehr zu einem Symbol von Macht und Größe. So hatten vermutlich auch die Korschenbroicher ganz prosaische Gründe, als sie sich um das Jahr 1500 entschlossen, einen Kirchturm zu errichten: Sie wollten ihren Wohlstand zeigen.

Der Turm besteht aus drei Stockwerken und bis zur Mitte des zweiten Geschosses aus Tuff- und Backsteinen, im oberen Teil aus Ziegelsteinen. "In vielen Fällen lassen sich das Repräsentationsbedürfnis sowie die Finanzkraft einer Gemeinde an der Größe und Ausgestaltung ihres Kirchturms ablesen", schrieb der Heimatforscher Hans Georg Kirchhoff in seinem Buch über das Amt Korschenbroich. Er schlussfolgerte, dass "die Einwohner um 1500 - wie allgemein am Niederrhein und in der Kölner Bucht - offensichtlich einen beträchtlichen Wohlstand und ein entsprechendes Selbstbewusstsein besaßen."

So wurde der Turm von St. Andreas nicht von den Kirchenherren finanziert, sondern von der Gemeinde, die ihn auch unterhalten musste. Als der Kirchturm 1504 fertig wurde, war die Pfarrkirche - eine gotische Hallenkirche - bereits 50 Jahre alt. Dass sie bislang keinen Turm besaß, hatte ihrer Funktion als Gotteshaus also keinen Abbruch getan.

Der Kirchturm von Korschenbroich diente aber nicht nur der Repräsentation, schrieb Hans Georg Kirchhoff weiter, sondern erfüllte noch andere Aufgaben: Als Glockenturm, wobei die Glocken zum Gebet riefen und vor Gefahren warnten. Und schließlich als letzte Rettung in Notzeiten. "In höchster Gefahr war der Turm eine kaum einnehmbare Fluchtburg", berichtet der Heimatforscher weiter.

Der Turm von St. Andreas hat die Jahrhunderte überdauert. Die gotische Hallenkirche hingegen erwies sich nach 440 Jahren als zu klein und wurde 1888 abgerissen. Der Turm mit seinen Bändern aus Tuffstein wurde in den Bau der neugotischen Nachfolgerin einbezogen. Der Weihbischof und spätere Kardinal Anton Fischer segnete die neue Kirche im August 1892 feierlich. 51 Jahre später, in der Bombennacht auf den 23. August 1943, wurde das gesamte Kirchenschiff zerstört - der Turm aber hielt stand. Von 1947 bis 1949 wurde die Kirche wieder aufgebaut, während der Innenraum nach der Sanierung 1982 seine jetzige Gestalt erhielt. "Um die Kirche herum spielt sich von Unges Pengste bis hin zum Brunnen- oder Herbstfest das ganze dörfliche Leben ab", sagt Kirchenvorstandsvorsitzende Rita Mielke. "Kirche und Turm sind der symbolische und reale Mittelpunkt des Ortes."

(NGZ)
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