Grevenbroich Klage: Zensus-Rechnung kostet Stadt Millionen

Grevenbroich · Ein bei der Volkszählung errechneter Verlust von 2150 Einwohnern stellt die Stadt vor Probleme. Jetzt wird sie gegen das Ergebnis klagen.

Die wichtigsten Fakten des Zensus 2011
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Foto: dpa, abu lre

Der offizielle Bescheid zur Volkszählung "Zensus 2011" liegt auf dem Tisch der Bürgermeisterin. Mit dem Ergebnis will sich Ursula Kwasny jedoch nicht anfreunden. Denn das statistische Landesamt IT.NRW hat die amtliche Einwohnerzahl der Stadt nach der Befragung auf 61 741 festgesetzt. Nach dem Grevenbroicher Melderegister müssten es aber 2150 Menschen (3,37 Prozent) mehr sein. Diese Abweichung hat Nachteile für die Kommune an der Erft.

Der noch zu verschmerzende ist ein Statusverlust: Nach den Zahlen des "Zensus 2011" ist Grevenbroich nun nicht mehr die zweit-, sondern — nach Neuss und Dormagen — die drittgrößte Stadt im Rhein-Kreis. Viel wichtiger für Ursula Kwasny: "Die Einwohnerzahl ist in finanzieller Hinsicht von Bedeutung für eine Kommune. Denn sie ist auch ein Faktor, der die Zuteilung von Schlüsselzuweisungen des Landes mitbestimmt." Nach einer Schätzung der Stadtverwaltung könnte eine geringere Einwohnerzahl für Grevenbroich einen Verlust von jährlich rund 1,3 Millionen Euro an Zuwendungen bedeuten.

"Wie der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen erklärt, werden sich negative finanzielle Auswirkungen für solche Kommunen ergeben, deren Einwohnerverluste über dem Landesdurchschnitt von 1,7 Prozent liegen", so die Bürgermeisterin. Grevenbroich weise mit 3,37 Prozent einen Verlust auf, der nahezu doppelt so hoch liege.

"Dass die Einwohnerzahlen voneinander abweichen, liegt nicht an der Unrichtigkeit unseres Melderegisters", stellt Ursula Kwasny klar. Vielmehr sei die Ursache nach ihrer Ansicht bei der beim "Zensus 2011" verwendeten Methode zu finden. Im Durchschnitt seien lediglich zehn Prozent der Bevölkerung befragt und die dabei gewonnen Erkenntnisse hochgerechnet worden. "Die stichprobenartige Zählung für einen Haushalt in einem Stadtteil hat keine wesentliche Auswirkung auf die tatsächliche Einwohnerzahl Grevenbroichs", meint die Bürgermeisterin: "Sie wirkt sich aber ungleich höher aus, wenn diese Zahl statistisch auf das gesamte Stadtgebiet projiziert wird."

Kwasnys Beispiel: "Werden in einem einzigen Vierparteienhaus eines Stadtteils 50 Personen weniger gezählt als bis dahin angenommen, dann hat diese Zahl immense Auswirkungen für die statistische Berechnung insgesamt. Letztlich fehlen dann bei 25 Stadtteilen schon 1250 Personen."

Die Stadtverwaltung hat dem Rat gestern Abend vorgeschlagen, Klage gegen den Bescheid der IT.NRW zu erheben — vor allem mit Blick auf das finanzielle Interesse Grevenbroichs. Dem folgten die Politiker einstimmig und ohne Diskussion. Die Schlossstadt steht nicht alleine da: Unter anderem haben Bonn, Krefeld und Wipperfürth beschlossen, gegen die Volkszählung gerichtlich vorzugehen. Auch in Osnabrück wird eine Klage erwogen: Dort fehlen nach dem "Zensus 2011" rund 10 500 Menschen — das bedeutet für die Kommune Verluste von sieben Millionen Euro.

(NGZ)
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