Grevenbroich Laufgruppe joggt für die Psyche

Grevenbroich · Der Grevenbroicher Diplom-Psychologe Uwe Landwehr nutzt das Laufen als Therapieunterstützung bei Depressionen und Ängsten.

 Die Zwei- und Vierbeiner-Laufgruppe trifft sich jeden Freitag mit Psychotherapeut Uwe Landwehr (rechts) zu einer Runde durch den Bend.

Die Zwei- und Vierbeiner-Laufgruppe trifft sich jeden Freitag mit Psychotherapeut Uwe Landwehr (rechts) zu einer Runde durch den Bend.

Foto: Lothar Berns

Laufend startet der Grevenbroicher Uwe Landwehr in sein Wochenende. Jeden Freitagnachmittag trifft sich der Diplom-Psychologe mit einem Grüppchen von Zwei- und Vierbeinern auf dem Parkplatz an der Sparkasse zum Joggen durch den Bend. Für ihn ist es Hobby und eine für die Patienten kostenfreie Therapieerweiterung zugleich: "Aktivierung gehört zur Verhaltenstherapie, und das Joggen eignet sich dazu ebenso gut wie zum Beispiel das Schwimmen", sagt Uwe Landwehr, der übrigens bei den Joggingstreffs mit Patienten auch immer seine beiden Co-Therapeutinnen, die Hündinnen Layla und Nikita, mit dabei hat.

Bei welchen psychischen Erkrankungen hilft die Lauftherapie? Sie wird laut Landwehr gerne zusätzlich zur Gesprächs- bzw. Verhaltenstherapie bei Depressionen und Angsstörungen empfohlen. "Ich kann ja doch nichts machen", sei ein viel gehörter Satz von Depressiven. Laufen oder schwimmen, oder auch nur walken könnten aber die meisten. "Wenn ich laufe, dann muss ich den Erfolg auf mich selbst beziehen. Und das gibt ein Wertigkeitsgefühl und motiviert", stellt der Psychotherapeut immer wieder fest.

Gibt es besondere sportliche Anforderungen, um in dieser Gruppe mitlaufen zu können? "Wenn die Gruppe fortgeschritten ist, laufen wir 45 Minuten eine etwa 7,5 Kilometer lange Strecke an der alten Wassermühle vorbei in einem langsamen Tempo. Dabei legen wir zwei Gehpausen ein. Es kann aber auch jeder nur walken oder auch abbrechen. Und wer zu schnell läuft, wird bewusst gebremst: "Es geht zum Beispiel bei Managern mit einem Burn-Out darum, dass sie ihrem Stress nicht noch eins oben drauf setzen, sondern aus ihrem Film herauskommen", verdeutlicht Landwehr. Da gehe es um Entschleunigung. Und bei schüchternen, ängstlichen und antriebsarmen Patienten wirkt sich seiner Beobachtung nach jeder noch so kleine Lauferfolg positiv auf die Gesundung aus.

Kann ein Patient nicht auch alleine laufen, weshalb die Gruppe? Ganz klar, die Gruppe motiviere, überhaupt etwas für sich zu tun und manche sogar, überhaupt wieder ihre Wohnung zu verlassen. Dabei stellt der Therapeut auch eine besondere Gruppendynamik fest: "Männer neigen oft dazu, sich zu überfordern. In der Laufgruppe lernen sie, auf andere Rücksicht zu nehmen. Und wir haben auch eine WhatsApp-Gruppe, um uns zum Laufen zu motivieren", berichtet der Psychologe. Da ermuntere man sich untereinander, beispielsweise auch bei nicht so gutem Wetter trotzdem zu joggen.

Wird der Lauftreff psychologisch bzw. therapeutisch begleitet und lässt er sich über die Krankenkassen abrechnen? "Die Kassen übernehmen diese Therapien noch nicht. Es soll aber ab April 2017 leichter werden, die Lauftherapie als verhaltenstherapeutische Intervention abzurechnen", sagt Landwehr. Die Laufgruppe sei aber für seine Patienten ein Gratisangebot. "Diese Gruppe ist für mich auch mein Start ins Wochenende und ich trainiere zugleich auch für meinen privaten Halbmarathon", verrät der Therapeut. Vor, während und nach den Läufen werde natürlich auch gesprochen, oftmals die Selbstbeobachtung aus dem Laufen vor allem auch bei den Sitzungen in der Praxis aufgearbeitet.

Patienten mit Depressionen, Burn-Out oder Angststörungen soll das Laufen helfen: Ist Burn-Out nicht nur ein anderer Begriff für Depression? Der Diplom-Psychologe und Psychotherapeut bestätigt dies. Als der Begriff Burn-Out vor Jahren modern geworden sei, habe er die Definition dieser Krankheit mit den gängigen Lehrbüchern über Depressionen verglichen und keine Unterschiede gefunden. Ein sogenanntes Burn-Out "dürften" Führungskräfte in ihren Personalakten "haben", eine Depression aber nicht. Burn-Out stehe für Leistungsstärke über die eigenen Grenzen hinaus, Depression eher für ein Versagen - so weit allerdings das fehlerhafte Verständnis "in den Chefetagen".

Depressionen (Burn-out), auch Angststörungen und -phobien sind seit einiger Zeit immer öfter Themen in der Öffentlichkeit. Haben diese Erkrankungen wirklich zugenommen? "Ängste und Depressionen nehmen tatsächlich zu", stellt der Therapeut fest. Sicherlich werde auch mehr darüber publiziert und gesprochen, aber es seien auch Krankheiten, die sich durch die veränderten beruflichen Anforderungen mehrten. Wenn Menschen derart unter Dauerstress und -druck seien, könnten sich neben Depressionen auch starke Angststörungen bis hin zur "Angst vor der Angst" entwickeln, sagt Landwehr.

(NGZ)
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