Serie Seniorenfreundliches Grevenbroich Männer-WG als Schutzraum im Kloster

Grevenbroich · 29 Männer leben in einer Senioren-Wohngemeinschaft im Kloster Langwaden. Alle haben eines gemeinsam: Das Leben hat es nicht immer gut mit ihnen gemeint. Sie werden deshalb auch sozialpädagogisch und natürlich seelsorgerisch betreut.

 Leiterin Jutta Piehler und Sozialarbeiter Sven Schröter (vorne) mit den Bewohnern Detlef Radici (v.l.), Willi Körber und Kurt Kaulen alias "Kuddel" in der Nordsee-Ecke der Männer-WG von Kloster Langwaden.

Leiterin Jutta Piehler und Sozialarbeiter Sven Schröter (vorne) mit den Bewohnern Detlef Radici (v.l.), Willi Körber und Kurt Kaulen alias "Kuddel" in der Nordsee-Ecke der Männer-WG von Kloster Langwaden.

Foto: Lothar Berns

Langwaden Als "eine richtige Männerwirtschaft" bezeichnet Jutta Piehler die Seniorengemeinschaft St. Andreas mit einem bedeutsamen Lächeln. Auch Sozialarbeiter Sven Schröter stimmt ihr zu: Die 29 Senioren der Wohngemeinschaft im Kloster Langwaden lebten wie alle anderen Männer in Gemeinschaften auch. "Doch wenn es mal Streit gegeben hat, dann vertragen sich die Männer untereinander auch wieder schnell, und alles ist vergessen", stellt der Sozialarbeiter fest.

Zum Rückzug hat denn auch jeder sein eigenes Zimmer, wer plaudern möchte, trifft sich in der Raucherecke: "Da machen wir eine Ausnahme, da alle Männer Raucher sind", sagt die Leiterin. Ein wunderschöner Treffpunkt im zweiten Stock des Klosters ist auch die von den Männern selbst ausgemalte Nordsee-Ecke, mit Muscheln dekoriert und türkisfarbenen Sitzgelegenheiten.

Die Außenanlagen des Klosters Langwaden kann die Senioren-WG nicht nur für Spaziergänge nutzen, einige Herren haben auch einen kleinen Gemüsegarten angelegt, den sie in diesem Jahr noch erweitern wollen. Was dort wächst, lassen sie sich dann in ihrer Koch-Gruppe schmecken.

Ein Altenpflegeheim ist die Seniorengemeinschaft St. Andreas nicht. Einige der Mitglieder lebten zuvor bereits als jüngere Männer in der Wohngemeinschaft St. Bernhard ebenfalls im Kloster Langwaden und sind dann mit zunehmendem Alter einfach vom Erdgeschoss unters Dach gezogen. Wieder andere wurden sofort im Seniorenalter in die WG St. Andreas vermittelt. Eines haben alle dort gemeinsam: Die Männer haben in ihrem Leben Schweres hinter sich gebracht.

"Ich habe hier einen Schutzraum und deshalb das Vertrauen in die Menschen wiedergefunden", sagt der 64-jährige Detlef Radici, der seit gut einem Jahr in Langwaden lebt. Er sei einer Messerattacke durch einen Rechtsradikalen zum Opfer gefallen, berichtet er. In der Senioren-WG und vor allem in "Wiesen und Feldern" rund um das Kloster komme er zur Ruhe und fühle sich zugleich nicht alleine gelassen. Er schaffe es mittlerweile aber auch, ohne Angst nach Grevenbroich in die Stadt zu fahren: "Ich genieße meinen Kaffee und betrachte das urbane Leben", sagt der gebürtige Hamburger über Grevenbroichs Zentrum.

Und dann ist da der "Kuddel", den nicht nur in Langwaden "jeder kennt", wie alle in der WG berichten. Kuddel, das ist der 76-jährige Kurt Kaulen, der bereits seit 26 Jahren in den Klostergemeinschaften lebt - allerdings alles andere als zurückgezogen: "Ich bin jeden Tag draußen und fahre mit meinem Moped überall hin. Auch wenn ich in Grevenbroich oder Neuss in die Geschäfte oder Cafés komme, winken mir die Leute zu", freut er sich.

"Kuddel" ist nicht nur stets fröhlich, er ist auch hilfreich, loben ihn seine Mitbewohner und das Personal. Denn, immer wenn etwas besorgt werden muss, schwingt sich Kuddel auf sein Moped und fährt einkaufen. "Nur kein Bier!", fügt Willi Körber hinzu. Der 82-Jährige gehört zu den ältesten Bewohnern der Kloster-WG und zugleich auch zu den Aktiven: Er hat die Nordsee-Ecke mit ausgemalt, besucht den Seniorenclub Langwaden, den Freundeskreis im Kloster und wirkt im Beirat der WG mit.

Für Jutta Piehler und ihr Team sind ein ausgewogenes Verhältnis von Selbstständigkeit und Betreuungsangeboten wichtig für die Männer-WG. So werden die 29 Herren zwar vom Klosterbetrieb mitversorgt, sie können aber mithelfen, was einige von ihnen auch tun. Viele nutzen auch die Möglichkeit, alleine in die Stadt zu fahren, wieder andere fühlten sich in Begleitung wohler bei ihren Ausflügen. Neben Ausflügen, Einkaufsfahrten oder beispielsweise Museums- oder Zoobesuchen gibt es für die Männer-WG auch Kegel-oder Bocciasport, Garten- und Kochgruppen.

(NGZ)
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