Grevenbroich Märchenhafte Werbung für ein Happy End

Grevenbroich · Wevelinghovener Designerinnen entwickelten mit Studierenden der Hochschule Rhein-Waal eine Kampagne für "Lesen bildet".

Was wäre, wenn es bei Hänsel und Gretel kein Happy End gegeben hätte? Oder beim Rotkäppchen? Oder bei den Bremer Stadtmusikanten? Die Märchen, die Generationen von Kindern begeistern, wären ganz sicher böse ausgegangen. Wie böse, das führen Alicia Kern und Emil Oelke mit bunten Bildern anschaulich vor Augen. Auf den Postkarten- und Postermotiven, die sich die beiden Studierenden ausgedacht haben, frisst die Hexe den Hänsel, krallt sich der Wolf das Rotkäppchen, und die Stadtmusikanten landen als kleine Snacks auf einer Knabberzeug-Etagere. Happy Ends sehen anders aus. Ganz anders.

Initiiert wurde die Bilderserie von Susanne Coenen und Nicole Slink, die in Wevelinghoven die Agentur "Lockstoff Design" betreiben. Die beiden kreativen Köpfe dozieren an der Fachhochschule Rhein-Waal in Kamp-Lintfort und hatten 16 Studierende eines Design-Kurses dazu aufgerufen, eine Kampagne für die 2014 in Neuss gegründete Kinderstiftung "Lesen bildet" zu entwerfen. Eine Jury wählte die farbenfrohen Märchenmotive von Alicia Kern und Emil Oelke als originellste Arbeit aus. Seitdem sind sie im Postkarten- oder Plakatformat landesweit in vielen Büchereien und Bibliotheken zu sehen.

"Die Bilder sind schon ein wenig provokant", gibt Susanne Coenen zu: "Aber das war auch so gewollt, denn sie sollen die Aufmerksamkeit des Betrachters erregen." Wenn sich Pinocchio in einen traurig dreinblickenden Holzstuhl verwandelt, die Prinzessin vom schleimigen Froschkönig an die Kette gelegt wird oder sich der böse Wolf vor sieben Geißlein-Schädeln genüsslich das Maul abwischt, dann ist das auch mit einer Botschaft verbunden: "Wer lesen kann, erfährt ein gutes Ende". Wer will, kann selbst für ein Happy End sorgen.

"Damit wird die Vision der Kinderstiftung ,Lesen bildet' sehr gut herausgearbeitet", lobt Susanne Coenen die Arbeit der beiden Studierenden. Denn die von Ulrike und Heinz Mölder, Bettina Krüger und Volker Meierhöfer gegründete Initiative will bei Kindern und Jugendlichen nicht nur die Lust am Lesen wecken, sondern sie auch zu einer dauerhaften Begeisterung für Schrift und Sprache heranführen. "Dabei können die bunten Motive aus der Märchenwelt, kombiniert mit einer provokanten Bildsprache, sehr hilfreich sein", sagt Susanne Coenen. Der erhoffte Nebeneffekt: Auch der eine oder andere Spender könnte auf die Kinderstiftung und ihre Ziele aufmerksam werden.

Die beiden Frauen aus Wevelinghoven sind selbst in der Stiftung aktiv und haben das Design aller Publikationen von "Lesen bildet" entworfen - inklusive der grünen Eule, die als Sympathieträger vielfältig eingesetzt wird. Unter anderem auf "Offenen Bücherschränken", wie sie von der Initiative in Neuss und Düsseldorf aufgestellt wurden. Aber auch auf Briefbögen, Karten, Lesezeichen, in den Stiftungs-News und im Internetauftritt der Stiftung. Für das Gesamterscheinungsbild, das sie für "Lesen bildet" entworfen haben, wurden die "Lockstoff"-Chefinnen bereits mit den begehrten Branchenpreisen "Red Dot Award" und "iF Design Award" ausgezeichnet.

Neben der Postkarten- und Posterserie ist an der Fachhochschule Rhein-Waal noch mehr für die Stiftung herausgekommen. So wurde etwa ein Kurzfilm produziert, der der Frage "Was wären Kinder ohne Bücher?" nachgeht, außerdem wurden ein Memory-Spiel und ein interaktives Internet-Angebot entwickelt. "Alles sehr witzige und kreative Beiträge", lobt Susanne Coenen.

Dass sich die Studierenden in Kamp-Lintfort mit Projekten aus dem Rhein-Kreis beschäftigen, kommt übrigens häufiger vor: Zuletzt wurde an der FH eine Kampagne für die Ehrenamtlichen des Elsener Tischs entwickelt.

(NGZ)
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