Grevenbroich Meister des Schattenspiels

Grevenbroich · Eine weiße Leinwand, Licht und schöne, farbige Figuren - diese drei Dinge braucht es für Karagöz, das türkische Schattentheater. Eine besondere Kunst, in der es der Frimmersdorfer Ali Köken zur Meisterschaft gebracht hat.

 Das Licht, das die Figuren beim Karagöz von hinten anstrahlt, bringt die Farben zum Leuchten. Jeder Meister hat seinen individuellen Stil bei der Gestaltung seiner Protagonisten.

Das Licht, das die Figuren beim Karagöz von hinten anstrahlt, bringt die Farben zum Leuchten. Jeder Meister hat seinen individuellen Stil bei der Gestaltung seiner Protagonisten.

Foto: Köken

Einer der wenigen, die sich Karagöz-Meister nennen dürfen, ist Ali Köken. Der 1967 in der Türkei geborene Frimmersdorfer erlernte die Grundzüge in seiner Jugend in der Türkei, wo er einen Meister begleitete. Später in Deutschland, wohin er 1989 auswanderte, bildete Köken sich weiter und wurde schließlich selbst Karagöz-Meister.

 Ali Köken mit den Figuren Hacivat (l.) und Karagöz.

Ali Köken mit den Figuren Hacivat (l.) und Karagöz.

Foto: Richter

Das Schattentheater hat eine lange Tradition in der Türkei, im Osmanischen Reich wurde in Palästen gespielt, später in Kaffeehäusern. Zwischenzeitlich sei beim Karagöz auch Kritik am Sultan oder später an Politikern geübt worden, so Köken. In dieser Zeit verfolgten viele Erwachsene die Stücke. Die Kritik war bei den Betroffenen aber nicht gerne gesehen, sie wehrten sich. Deshalb entwickelte sich das Schattentheater immer mehr zur Unterhaltung für Kinder.

Wesentlich, so erklärt Köken, sind die beiden Figuren Karagöz - von der der Name des Theaters kommt - und Hacivat. Die Protagonisten kommen in allen Stücken vor. Hacivat gilt dabei als der Gebildete, Karagöz hingegen "versteht immer alles falsch, ist aber bauernschlau", erklärt Köken. Zum Schluss der Stücke komme Karagöz meist als der Schlauere herüber. In einer uralten Geschichte ist Karagöz beim Bau einer Moschee für den Sultan der Schmied, Hacivat der Baumeister. Daher rühre ihr typisches Aussehen, erläutert Köken.

Einen Karagöz-Meister zeichnet aus, dass er alles selbst kann: Die Figuren gestalten und spielen, die Bühne herstellen und auch die Texte schreiben. "Die Figuren sind aus Kamelleder gefertigt", sagt Köken. Sie werden ausgeschnitten, mit Löchern versehen und mit Naturfarben bunt gestaltet. "Es dauert mindestens 15 Tage, bis eine Figur fertig ist." Mit Holzstäben werden sie dann vor die Leinwand gehalten und von hinten mit Licht bestrahlt, so dass die Farben leuchten. Köken entwickelt dabei immer wieder neue Ideen und Figuren und hat auch Stücke, die in Deutschland spielen, im Programm. Besonders wichtig für einen Meister ist es außerdem, die verschiedenen Stimmen zu beherrschen: "Ein Meister spricht mindestens 20 Figuren", erklärt Köken. Sie haben unterschiedliche Tonlagen und Dialekte. Der Spieler spricht alle Figuren eines Stückes selbst - auch die Frauen.

Unterstützt wird Köken, der im Hauptberuf für Hydro tätig ist, von seiner Frau und seinen Söhnen. Der 26-jährige Erhan, der Jura studiert, darf sich nach der Ausbildung durch seinen Vater inzwischen selbst Karagöz-Meister nennen, Bruder Süleyman stellt momentan wegen seines Studiums das Theater zurück.

Erhan Köken spielt die Stücke, bei denen es oft um Wortwitze und Missverständnisse geht, auch auf Deutsch, während sein Vater Ali seine auf türkisch präsentiert. Für den Deutschen Amateurtheaterverband sind beide auch als Referenten tätig und geben Seminare und Workshops.

(NGZ)
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