Grevenbroich Meterhohe Mauer aus geerbten Taschentüchern

Grevenbroich · Museum widmet eine Sonderausstellung dem Künstler-Ehepaar Elisabeth Busch-Holitschke und Jürgen Holitschke.

 Fahrräder und Textiles sind ihre Leidenschaft: Elisabeth Busch-Holitschke und Jürgen Holitschke vor der Mauer aus Stofftaschentüchern.

Fahrräder und Textiles sind ihre Leidenschaft: Elisabeth Busch-Holitschke und Jürgen Holitschke vor der Mauer aus Stofftaschentüchern.

Foto: L. Berns

Er ist eine ungewöhnliche "Mauer", die da im Erdgeschoss der Villa Erckens zu sehen ist: Gut zweieinhalb Meter lang, fast drei Meter hoch, besteht sie ausschließlich aus Stofftaschentüchern unterschiedlichster Schattierung. Elisabeth Busch-Holitschke hat die Erbstücke ihrer vor zweieinhalb Jahren verstorbenen Mutter zusammengenäht, um Gegensätze zu demonstrieren. Weiche Tücher bilden harte Mauer - die Künstlerin liebt solche Spielereien. Ganz nebenbei regt sie auch zum Nachdenken an: Wie lange ist das eigentlich her, seit man selbst ein solches Tuch in der Tasche gehabt hat?

Elisabeth Busch-Holitschke (65) ist ein Teil einer Sonderausstellung, die am Donnerstag um 19.30 Uhr im Museum der niederrheinischen Seele eröffnet wird. Jürgen Holitschke (67) ist der andere. Das Künstlerehepaar aus Bedburdyck prägt seit vielen Jahren maßgeblich das kulturelle Leben in der Stadt mit - und das wird nun in der Villa Erckens gewürdigt. Bis zum 8. Januar 2017 wird dort ein Ausschnitt ihrer Arbeiten zu sehen sein. "Für uns ist das eine Ehre", sagt Jürgen Holitschke.

Der Beuys-Schüler war 33 Jahre lang Kunsterzieher am Erasmus-Gymnasium. Den Weg, den er fast täglich mit dem Fahrrad vom Heimatort zum Arbeitsplatz zurücklegte, hat er ebenso regelmäßig mit der Kamera festgehalten wie den Blick aus seinem Atelierfenster in Bedburdyck - um Veränderungen im direkten Umfeld zu dokumentieren. Die beiden Foto-Serien zeigt er in einem separaten Raum - zum Teil an der Wand, zum Teil auf Kordeln aufgehängt, die zwischen Bündeln alter Äste gespannt wurden.

Dass das Rad nicht nur sein liebstes Fortbewegungsmittel, sondern auch bevorzugtes Kunstobjekt ist, macht Jürgen Holitschke mit Fotografien vergangener Aktionen deutlich: Ein Fahrrad, das scheinbar auf dem Wasserspiegel der Erft parkt (ein Eisengestell machte es möglich), oder er selbst auf einem Trimmrad vor dem Tagebau Garz-weiler strampelnd (Thema: "Grubenrand-Erfahrung") - das sind nur zwei von vielen Inszenierungen, mit denen der 67-Jährige für Aufsehen sorgte. Für die Ausstellung in der Villa Erckens hat Holitschke eine neue Fahrrad-Installation geschaffen - ein mit Fotoapparaten überladenes Rad, das irgend wie auch für den Künstler selbst steht.

Elisabeth Busch-Holitschke zeigt ausschließlich textile Arbeiten - und damit einen Werkstoff, mit dem sie seit frühester Kindheit vertraut ist. "Mein Vater hatte eine Polsterei, meine Mutter war Schneidermeisterin, das hat mich geprägt", sagt die 65-Jährige. Die Künstlerin - die wie ihr Mann Mitglied der Produzentengalerie "Judith Dielämmer" ist - hat Alltagsgegenstände aus alten Tischdecken gefertigt. Genähte Teller, Becher, Gabeln, Löffel und Flaschen wurden mit dünnen Schnüren so aufgehängt, dass sie an eine schwebende gedeckte Tafel erinnern. "Scheinbar schwere Gegenstände bekommen so etwas leichtes, beschwingtes", sagt die Künstlerin. Wie erwähnt: Elisabeth Busch-Holitschke liebt die Gegensätze.

(NGZ)
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