Grevenbroich Mit altem Herrenrad auf Deutschland-Tour

Grevenbroich · Mit einem Scheunenfund hat Klaus Lüttgen mehr als 1600 Kilometer zurückgelegt. Jetzt plant er größere Touren mit dem roten Rad.

 "Geht doch", scheint Klaus Lüttgen (oben) zu sagen: Sein altes Rad hat die Tour bestens überstanden. Übernachtet hat der Radler oftmals in seinem Zelt (unten links), manchmal versperrten ihm Kühe die Weiterfahrt.

"Geht doch", scheint Klaus Lüttgen (oben) zu sagen: Sein altes Rad hat die Tour bestens überstanden. Übernachtet hat der Radler oftmals in seinem Zelt (unten links), manchmal versperrten ihm Kühe die Weiterfahrt.

Foto: K. Lüttgen

Was hält ein altes Herrenfahrrad aus, das in der Scheune eines Niederaußemer Bauern verstaubte und das niemand mehr wollte? "Noch eine ganze Menge", weiß jetzt Klaus Lüttgen, denn der Grevenbroicher hat den Test gemacht. Nachdem er den zufällig bei einem Landwirten entdeckten und für 15 Euro erworbenen Drahtesel mit einem Lappen etwas sauber machte, die Kette ölte, ein bisschen Luft in die Reifen pumpte und ein Birnchen wechselte, strampelte er sich quer durch den Süden Deutschlands ab. Nach mehr als 1600 Kilometern mag sich Lüttgen von seinem roten Scheunenfund nun gar nicht mehr trennen: "Das Rad funktioniert genau so gut wie ein neues Bike. Hercules und ich sind echte Freunde geworden", schwärmt der 56-Jährige und lächelt. Hercules ist die Marke des etwa 20 Jahre alten Rades.

Klaus Lüttgen ist, was das Radfahren betrifft, ein harter Hund: Vor einigen Jahren unternahm er mit einem alten Damen-Holland eine 8000-Kilometer-Tour von Vancouver nach Alaska, mehrere Monate lang war er unterwegs. Klar, eine 20-Tages-Tour ist dagegen so etwas wie ein Kindergeburtstag. Doch der Süden der Bundesrepublik hat Lüttgen genau so begeistert wie einst die kanadische Wildnis. "Ich habe herrliche Natur erlebt - nur dass mir Rehe, Hirsche und Füchse statt Bären über den Weg gelaufen sind."

Seine "kleine Deutschland-Tour" startete in Mainz. Von dort aus erkundete er unter anderem Füssen, den Bodensee und den Feldberg, er radelte durch den Spessart und den Schwarzwald. Geradezu begeistert hat ihn die Stadt Dinkelsbühl mit ihren mittelalterlichen Fachwerkhäusern: "Die kann ich jedem nur empfehlen", sagt er. Weniger angetan zeigt er sich von der "Romantischen Straße", die an Dinkelsbühl entlang führt: "Die war vielleicht vor 50, 60 Jahren mal romantisch, heute herrscht dort viel zu viel Verkehr. Radfahrer sollten sie mit Vorsicht genießen, bei Donauwörth wird sie sogar lebensgefährlich."

Kein Navi, kein Handy, nicht einmal Karten hatte Klaus Lüttgen auf seiner Tour dabei. Bei der Navigation verließ er sich - wenn's mal nicht weiter ging - auf den Rat von Passanten. Überhaupt liebt er den Kontakt zu "de einfache Lück", wie der Grevenbroicher mit kölschen Wurzeln meint: "Ich habe auf meiner Tour mit mindestens 700 Menschen geplaudert, die mit oftmals weitergeholfen haben - etwa wenn es um preiswerte Übernachtungsmöglichkeiten ging." War mal kein Hotelzimmer zu ergattern, schlief Lüttgen in einem kleinen Zelt, das er in seinem 22-Kilo-Gepäck hatte.

Starke Regenfälle waren ständiger Begleiter seiner Tour, an einem Tag prasselten sogar Hagelkörner von Murmelgröße auf ihn nieder. "Auch das gehört dazu", sagt der wettererprobte Radler. Jetzt ist er zufrieden nach Grevenbroich zurückgekehrt und plant neue, viel größere Touren. Die will er selbstverständlich mit seinem Scheunenfund antreten - denn Hercules hat ihn nicht im Stich gelassen. "Ich hatte nur zwei Platten", schildert Lüttgen: "Kein Wunder, da sind ja immer noch die alten Schläuche in den Reifen."

(NGZ)
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