Whitehorse/Grevenbroich Mit dem Rad durch Kanada

Whitehorse/Grevenbroich · Klaus Lüttgen erfüllt sich derzeit einen Traum: Er fährt auf seinem alten Hollandrad von Vancouver nach Valdez im US-Bundesstaat Alaska. Die Tour hat es in sich – und das nicht nur, weil in der Wildnis immer wieder Bären lauern.

 Mal nicht auf dem Fahrradsattel: Klaus Lüttgen gönnt sich eine Pause in Yukon, jenem kanadischen Verwaltungsgebiet, das im Westen an Alaska grenzt.

Mal nicht auf dem Fahrradsattel: Klaus Lüttgen gönnt sich eine Pause in Yukon, jenem kanadischen Verwaltungsgebiet, das im Westen an Alaska grenzt.

Foto: privat

Klaus Lüttgen erfüllt sich derzeit einen Traum: Er fährt auf seinem alten Hollandrad von Vancouver nach Valdez im US-Bundesstaat Alaska. Die Tour hat es in sich — und das nicht nur, weil in der Wildnis immer wieder Bären lauern.

Als die Fahrradklingel zu Boden fällt, nimmt sogar der Braunbär Reißaus. "Das war aber auch ein Scheppern", denkt Klaus Lüttgen. Er spürt die Müdigkeit in den Knochen, langsam wird es dunkel, draußen in der kanadischen Wildnis. Seit dem 9. Juni ist der Grevenbroicher in dem nordamerikanischen Land unterwegs. Klaus Lüttgen erfüllt sich einen Traum: Auf seinem alten Hollandrad fährt er von Vancouver bis nach Valdez im US-Bundesstaat Alaksa. Rund 4500 Kilometer lang ist diese Tour, und sie wird mitunter zur Tortur. Zum Beispiel abends, wenn Lüttgen irgendwo in der Wildnis noch sein Zelt aufschlagen muss, die Knochen und Muskeln geschunden von den Anstrengungen eines langen Tages auf dem Rad.

Der Braunbär begegnet ihm in der Nähe des etwa 90 Kilometer nordwestlich von Whistler gelegenen Lilloeet River. Klaus Lüttgen fröstelt ein wenig, es ist kalt dort draußen, kurz nach 21 Uhr. Seine erste Begegnung mit einem Bären ist kurz: Lüttgen bremst verdutzt, die Klingel fällt dabei zu Boden, und der Bär flüchtet in den Wald. Erst kurz darauf, im gleich am Lilloeet River gelegenen Camp, packt Klaus Lüttgen der Gedanke: Wo ist der Bär? Lüttgen sitzt in seinem Zelt, er möchte sich Schlafen legen. Das Bärenspray, das in etwa wie Pfefferspray wirkt, hält er aber in Reichweite. Dann schläft er ein. "Zum Angsthaben war ich viel zu müde", erklärt der 52-Jährige.

Inzwischen hat er rund 3300 Kilometer der Tour hinter sich. Er hat viele Menschen getroffen, die ihm halfen und staunend zuhörten, wenn er von seiner Fahrt nach Alaska erzählte. Und er hat diesen Menschen ein Erinnerungsstück hinterlassen: Karnevalsorden. Sie verteilt Klaus Lüttgen als Dank an jeden, der ihm unterwegs hilft. Denn das Budget des Grevenbroichers ist klein. Er hat rund 35 Dollar pro Tag. Übernachtungen in Hotels sind da kaum drin. Klaus Lüttgen schläft in seinem Zelt — oder dort, wo ihm gastfreundliche Kanadier für die Nacht ein Bett zur Verfügung stellen. Gerade in den Weiten der Wildnis aber ist er oft alleine. Die Wucht der Landschaft lässt sich dadurch umso mehr genießen. Und dennoch: Auf wilde Tiere muss Klaus Lüttgen stets vorbereitet sein.

Bei der Begegnung mit dem Bären, der Reißaus nahm, sollte es nicht bleiben. Klaus Lüttgen hat Schwarzbären gesehen, eine ganze Gruppe auf einmal, und auch einen Grizzly. Da reagierte der Radler nicht ganz so gelassen. "Ich war ausgesprochen froh, als ich zwei, drei Kilometer danach mein Camp erreichte", gibt Lüttgen zu.

Inzwischen hat er Whitehorse passiert. Die 25 000-Einwohner-Stadt am Yukon River kam ihm nach Tagen in der Wildnis vor wie eine Großstadt. Doch sein Reiseziel hält ihn dort nicht lange. Klaus Lüttgen schwingt sich auf sein Fahhrad und tritt in die Pedale, er fährt immer nach Norden — der Sonne Alaskas entgegen.

(NGZ)
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