Grevenbroich Modellbauer hütet Schatz auf Dachboden

Grevenbroich · Ein Grevenbroicher arbeitet seit 30 Jahren an Landschaften, die kaum jemand je zu Gesicht bekam. Ein exklusiver Einblick in die Mini-Welt.

Grevenbroicher Modellbauer zeigt seine Mini-Welt
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Grevenbroicher Modellbauer zeigt seine Mini-Welt

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Foto: Berns, Lothar

Vielleicht zehn Personen gehört laut Heino Wellenberg zum Kreis derer, die seine Modell-Landschaften jemals gesehen haben. Der 61-Jährige erschuf Rummelplätze, ein vorweihnachtliches Fachwerkdörfchen und einen riesigen - und dennoch winzigen - Industriehof. Besonders stolz ist der Elektrotechniker aber nicht auf die Modelle, sondern das, was ihre kleinen Welten lebendig werden lässt.

"Das Hauptproblem ist, dass ich gar nicht mehr weiß, wofür die ganzen Knöpfe sind", sagt Wellenberg und blickt auf sein Tablet. Mit einer Software steuert er über das Gerät die unzähligen Kräne, Eisenbahnen und Karussells im Maßstab 1:87. LED-Lämpchen lassen glühende Metallströme aus einem Hochofen fließen, imitieren das Blitzen eines Schweißgerätes in einer dunklen Fabrikhalle und machen aus der Plastik-Kirmes ein buntes Lichtermeer. Detailverliebt bevölkerte Wellenberg alles mit tausenden zwei Zentimeter großen Figürchen, die er selbst bemalt. "Für 200 Figuren brauche ich ein Wochenende", schätzt der Vorruheständler. Das Montanindustrie-Gelände, auf dem er den Weg der Kohle von der Zeche über Brikettfabriken, Aufbereitungsanlagen und Öfen in Szene setzt, kostete ihn viele Jahre.

Über seinen 120 Quadratmeter großen, mit indirekt beleuchteten Nischen, Schaufenstern und Glasvitrinen ausgestatteten Dachboden spricht Wellenberg wie von einem Hobbyraum. Er deutet auf die kleinen freien Flächen, die sich in jedem seiner Dioramen finden. "Ich passe auf, dass immer noch Platz bleibt. Wenn alles fertig wäre, könnte ich es genauso gut wieder abreißen", sagt der Bastler. Seine Ideen holt er sich aus Internetforen für Modellbauer, auf seinem Computer sammelt er Gedanken, Details, Orte und Dinge, die er nachbauen möchte.

Was ihn antreibt, ist der Wunsch nach Perfektion: "Auf einem Foto sollte man ein gutes Modell nicht mehr von der Wirklichkeit unterscheiden können." Daher "altert" er seine kleinen Gebäude auch künstlich, um ihnen den Anschein von Abnutzung, Korrosion und Echtheit zu geben. Für Wege nutzt Wellenberg echten Sand, die Mauer um seinen Industriehof baute er aus kleinen Gipsteilen, die er in Formen goss. Die Grundlage für die Modelle sind Bausätze, die Wellenberg aufarbeitet, durch andere erweitert ("Raubbau") und mit aufwendigen LED-Lichtanlagen versieht.

Jedes Diorama hat einen doppelten Boden, in dem Wellenberg Kabel, Fernsteuerungen, Servomotoren oder gleich ganze Schaltschränke versteckt. Sein neuestes Projekt, eine "Großkirmes", hat er damit begonnen, eine alpine Landschaft rundherum aufzubauen. Verborgene Lautsprecher lassen schon jetzt aus verschiedenen Richtungen die Schützenumzuge, Fahrgeschäfte, Bierzeltstimmung und das Besuchergemurmel hören. "Das ist eine Arbeit für Verrückte", sagt der Modellbauer mit einem Schmunzeln.

(bur)
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