Grevenbroich Mönche gründeten vor 1200 Jahren Münchrath

Grevenbroich · Ein kleiner Ort kann ein großes Jubiläum feiern. Münchrath wurde bereit im Jahr 816 gegründet - sagt Heimatforscher Christian Wiltsch.

 Christian Wiltsch (51) vor dem Ortsschild von Münchrath. Das Dorf, so behauptet der Heimatforscher, kann sein 1200-jähriges Bestehen feiern.

Christian Wiltsch (51) vor dem Ortsschild von Münchrath. Das Dorf, so behauptet der Heimatforscher, kann sein 1200-jähriges Bestehen feiern.

Foto: L. Berns

Es gibt Siedlungen, die wenig Einwohner haben, dafür aber eine große Zahl an Jahresringen in ihrem Lebensbaum. Im Schatten des mit Historie wohl überreich gesegneten Hülchrath liegt mit Münchrath solch ein Dorf, an dem die Geschichte vorübergegangen zu sein scheint. Das Jahr der Ortsgründung ist leider nicht überliefert. Dennoch kann der Gründungsakt des Ortes bestimmt werden.

Der alte Ortsname Munkerode ist einfach zu erklären: Die Rodung im Wald der Mönche. Aber schon gibt es das Problem, dass es dort nie ein Mönchskloster gab. Jedoch werden bereits bei der Ersterwähnung zwischen 1066 und 1080 drei Höfe genannt, aus denen die Mönche des Klosters Werden jährliche Abgaben erhielten. Wann und wie die Mönche Besitz an Erft und Gillbach erhielten, ist durch glückliche Überlieferung recht gut bekannt.

Kein Geringerer als Karl der Große hatte dem später heilig gesprochenen Missionar Ludger den Auftrag erteilt, die Westfalen und Friesen für den christlichen Glauben zu gewinnen. Zwischen 793 und 818 erwarb Ludger - und nach dessen Tod 809 sein Bruder Hildegrim - Land an der Erft, das später von einem Hof in Wehl aus verwaltet wurde. Unter diesen Urkunden sind zwei Dokumente, die uns heute den Gründungsakt des Dorfes vermitteln.

Erich und Ermenfried übertrugen 816 - also vor 1200 Jahren - dem Bischof Hildegrim zunächst zwei Anteile an dem Wald "über dem Fluss" im Ort "ad crucem". Im gleichen Jahr werden wieder zwei geerbte Anteile an diesem Wald an Hildegrim übertragen, dazu zwei Ackerparzellen, von denen eine "vor dem östlichen Eingang des Waldes" lag. Diese spärlichen Angaben ermöglichen es, den Wald einigermaßen zu lokalisieren - und zwar eben dort, wo heute Münchrath liegt.

Die Angaben bauen aufeinander auf. Erst die Erft bei "ad crucem", das wohl in Gruissem gefunden werden kann, dann der Wald und schließlich östlich davon ein "Eingang", an dem sich Ackerland befand. Das bedeutet, dass diese Waldparzellen auch östlich der Erft gelegen haben müssen - also auf der Seite von Münchrath. Der Wald kann nicht allzuweit nach Osten gereicht haben, denn sonst wäre kein klar definierter östlicher Ausgang mehr vorhanden. Dieser wird an der alten "Bendstraße" beim heutigen Gut Neuhaus anzusetzen sein, denn die dort verlaufende "Kasterstraße" folgt lange der Grenze zwischen gutem Ackerland und kiesigem Boden.

Fragen wir heute nach Energie-Effizienz, war im Mittelalter die Ertrags-Effizienz wichtig. Gute Böden wurden zuerst bewirtschaftet, die schlechten später. Somit müssen die vier Erbteile des Waldes zwischen Erft und Kasterstraße gesucht werden. Dass die Mönche nicht lange warteten, um den Wald zu roden und landwirtschaftlich zu nutzen, ist anzunehmen. Möglicherweise haben sie also schon 816 damit begonnen, die Siedlung Münchrath zu schaffen. Somit kann für den Ort in einem seltenen Fall das Gründungsjahr auch ohne Erwähnung in einer Urkunde rekonstruiert werden.

Ludgers Landwirtschaft war auf Viehzucht ausgerichtet. Zwei Gänse sind sein Heiligen-Attribut. Einen Hof Genserath hatte es am Gillbach unterhalb Hülchraths gegeben, wo heute noch die Fluren Gansbroich und Ganskamp liegen, letzteres an Münchrath angrenzend. Eine Sage erzählt, wie Ludger nahe Wehl Gänsen gepredigt haben soll. Mit einem Augenzwinkern kann man also behaupten, dass die Münchrather Gänse die einzigen Seelen sind, die es bisher in den amtlichen Heiligenkult der Kirche geschafft haben.

(NGZ)
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