Grevenbroich Neue Stadtratsregeln verärgern Politik

Grevenbroich · Die Verwaltung empfiehlt eine Änderung der Geschäftsordnung für Rat und Ausschüsse - viele Politiker sind ob einiger Punkte irritiert. Und das nicht nur, weil unter anderem erwähnt wird, dass Fußballspielen im Bernardussaal verboten ist.

 Der Stadtrat soll heute Abend eine neue Geschäftsordnung beschließen. Doch die Verwaltungsvorlage birgt Diskussionsbedarf.

Der Stadtrat soll heute Abend eine neue Geschäftsordnung beschließen. Doch die Verwaltungsvorlage birgt Diskussionsbedarf.

Foto: Lothar Berns

Bei der Sitzung des Stadtrates wird es heute im Bernardussaal reichlich Gesprächsbedarf zur geplanten Änderung der Geschäftsordnung von Rat und Ausschüssen geben. Gleich eine ganze Reihe Punkte der von der Verwaltung vorgelegten Beschlussempfehlung hat bei den Ratsmitgliedern für Kopfschütteln gesorgt. Die Verwaltung schlägt unter anderem vor, dass Ratsmitglieder nach Erledigung der Tagesordnung nur noch bis zu zwei mündliche Anfragen stellen dürfen. Diese sollten zudem kurz gefasst sein und eine kurze Beantwortung ermöglichen. CDU-Fraktionschef Wolfgang Kaiser stellt klar, dass seine Fraktion dies so nicht mitträgt. "Eine Begrenzung wäre nicht im Sinne der Demokratie. Wir plädieren dafür, dass es keine Reglementierung gibt", sagt Kaiser. "Und eine Frage muss auch nicht kurz, sondern angemessen formuliert sein." Zudem müsse es auch keine kurze, sondern eine angemessene Antwort geben.

Die FDP hat bereits einen Antrag eingereicht, dass über die Punkte der Verwaltungsvorlage einzeln abgestimmt werden soll. FDP-Fraktionschef Markus Schumacher betont: "Eine Begrenzung des Rechts, Anfragen zu stellen, die von Bürgern an uns herangetragen werden, darf es nicht geben." Auch SPD-Stadtverbandschef Daniel Rinkert sieht die Verwaltungsvorlage als diskutabel. "Es gibt dazu Äußerungen von Juristen, die klarstellen, dass es eine Begrenzung des Fragerechts - so wie sie geplant ist - nicht geben darf", sagt er. Dieter Dorok (Grüne) erklärt, dass er eine Begrenzung nicht unterstützenswert findet.

Ein weiterer Punkt der Beschlussvorlage nimmt sich bisweilen skurril aus: Die Ratsmitglieder sollen mit Blick auf die Nutzung sozialer Netzwerke wie Facebook und Twitter eine Selbstverpflichtungserklärung beschließen. Wer sich diese aufmerksam durchliest, bekommt unweigerlich den Eindruck, dass die Verwaltung es - gelinde gesagt - offenbar nicht allen Ratsmitgliedern zutraut, dem Verlauf einer Sitzung aufmerksam zu folgen und parallel soziale Netzwerke zu nutzen. Fast schon mahnend werden die Ratsmitglieder auf ihre Aufgaben hingewiesen - und dass eine Sitzung nicht gestört werden dürfe. "Das grenzt schon fast an Lächerlichkeit. Man sollte nur regeln, was einer expliziten Regelung bedarf", sagt Schumacher. "Ich bin irritiert, welche Anstrengungen von der Verwaltung unternommen werden, um auf Selbstverständlichkeiten wie den maßvollen Umgang miteinander hinzuweisen." Er habe das Gefühl, dass "subjektiver Druck aufgebaut werden soll, sich nicht in sozialen Netzwerken zu äußern".

Wolfgang Kaiser findet den Tonfall der Selbstverpflichtungserklärung ebenfalls befremdlich. "Die Verwaltung hat es mit mündigen Bürgern zu tun, das merkt man der Wortwahl nicht unbedingt an", sagt er. Daniel Rinkert merkt mit Blick auf den Tonfall der Selbstverpflichtungserklärung kurz und augenzwinkernd an: "Manchmal wundert einen nicht mehr allzu viel."

Ebenfalls neu in die Geschäftsordnung aufgenommen werden soll ein Passus, der ein explizites Verbot von Bildaufnahmen während der Sitzungen festschreibt - es sei denn, es liegt eine ausdrückliche Ausnahmegenehmigung vor. Die von der FDP geforderten Schilder, die auf das Fotoverbot hinweisen sollen, lehnt die Verwaltung ab. Dies sei nicht nötig. Die Erklärung klingt flapsig: Es käme ja auch niemand auf die Idee, im Bernardussaal Verbotsschilder aufzustellen, die darauf hinweisen, dass Fußballspielen dort untersagt sei.

(NGZ)
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