Grevenbroich Neurather See ist ein Vorzeige-Biotop

Grevenbroich · Laut Bundesregierung befinden sich drei Viertel aller Seen in schlechtem Zustand. Ganz anders der Neurather See.

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Foto: Unter der Wasseroberfläche herrscht reges Leben, an den Ufern nisten seltene Vögel. Foto: Andreas Woitschützke

Nur jeder vierte See in Deutschland ist ökologisch in einem guten Zustand - in den meisten ist die Wasserqualität bedenklich. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor. Demnach erreichen nur 24 Prozent der Gewässer Messwerte, die nach EU-Kriterien als gut gelten. Lediglich 2,3 Prozent könnten als sehr gut bewertet werden. Der größte Grevenbroicher See ist da eine positive Ausnahme. "Der Neurather See ist ökologisch wertvoll", sagt Norbert Wolf, der städtische Umweltbeauftragte.

Genaue Messungen habe es in der jüngeren Vergangenheit zwar nicht gegeben, Wolf spricht aber von einem "runden Gesamtbild". Denn der See ist nicht nur für Menschen ein beliebtes Naherholungsgebiet, auch viele Tiere fühlen sich dort pudel-, oder eher vogelwohl. "Die Vogelwelt dort ist grandios", sagt Wolf, der von seltenen Vogelarten weiß, die sich in Neurath niedergelassen haben.

Vor allem die "schilfbewohnenden Arten" finden am See optimale Lebensbedingungen - dank eines drei Meter breiten Schilfgürtels, der an vielen Uferstellen wächst. Teichrohrsänger, Haubentaucher, Rohrammer und Zwergtaucher leben am See.

"Außerdem haben wir seit etwa fünf Jahren Rohrdommeln als Wintergäste. Die waren bei uns im Stadtgebiet eigentlich ausgestorben", berichtet Wolf erfreut. Ein Grund, warum die Fauna sich in Neurath so gut entwickelt hat, liegt auch in der Einrichtung der Ruhezonen - rund ein Drittel der Uferbereiche ist für den Menschen gesperrt. "So können die Vögel sicher brüten und ohne Gefahr ihr Gefieder wechseln", sagt Wolf.

Das haben auch schon einige majestätische Fischadler mitbekommen, die auf ihrem Weg in wärmere Gefilde in Grevenbroich Halt machen. "Der See ist ein ,Trittstein-Biotop', in dem sich die Zugvögel auf ihrer langen Reise nach Afrika ein paar Tage erholen können", erklärt Wolf.

Ähnlich gut entwickelt hat sich die Welt unterhalb der Wasseroberfläche. Es gibt eine große Artenvielfalt an Kleinstlebewesen wie Muscheln, Schnecken, Wasserasseln und Krebsen. "Sie sind Grundlage für die biologische Gewässergüte", sagt Wolf. Denn sie halten die Algen im Griff und dienen den größeren Tieren als wichtige Nahrung.

Zu den größeren Bewohnern der Unterwasserwelt zählen unter anderem die heimischen Hechte, Weißfische und Karpfen. Zwar gibt es mit dem amerikanischen Sonnenbarsch und dem asiatischen Blaubandbärbling inzwischen auch illegal eingeschleuste gebietsfremde Arten, "bisher findet aber keinen Nahrungskampf mit den heimischen Arten statt", sagt Wolf.

Mehr Grund zur Sorge sind eher die menschlichen Besucher. Teilweise wird illegal im See geangelt, in den Schutzzonen gegrillt und im Sommer trotz Verbots gebadet. "Diese Dinge stören das ökologische Gleichgewicht", kritisiert Norbert Wolf. Deshalb werde es jetzt verstärkt Kontrollen geben, bei denen auch Bußgelder verhängt werden. Wolf hofft, dass sich die Grevenbroicher an die Regeln halten.

"1989 stand im Raum, dass dort anstatt des Sees eine Mülldeponie entsteht. Wir können alle froh sein, dass es der See geworden ist und sollten dieses schöne Fleckchen noch lange erhalten", sagt Wolf.

(kron)
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