Grevenbroich Politik-Kritik vom Grafen in der Bütt

Grevenbroich · Er ist Vizebürgermeister, Kreistagsabgeordneter, Ratsmitglied und - Büttenredner. Bertram Graf von Nesselrode (66) zieht in seinen Reimreden am liebsten die große Politik durch den Kakao. Aber auch der Rat kriegt sein Fett ab.

Alle zwei Jahre überkommt es ihn: dann muss der Graf in die Bütt. Also nicht in die Badewanne, da hat er einen anderen Rhythmus, sondern in jenes rheinische Gefäß, in dem jecke Menschen anderen gerne mal einen Spiegel vorhalten. Das macht Bertram Graf von Nesselrode mit großer Leidenschaft: Verkleidet als "Gillbach-Bote" zieht der Vizebürgermeister, Kreistagsabgeordnete und Ratspolitiker mit schwarzer Seele dann alles durch den Kakao, was bei drei nicht auf den Bäumen ist. Ob bekannte Polit-Größen oder Vereinsbosse aus seiner Umgebung - alle kriegen ihr Fett ab. Und ganz besonders natürlich die Grevenbroicher Politik.

"Das macht mir Spaß", sagt der 66-Jährige, der nun zum elften Mal auf der Bühne der Wevelinghovener Scheibenschützen stand, die alle zwei Jahre ihren Sitzungskarneval in der "Erftruhe" feiern. Drei Wochen vor dem Auftritt geht der adlige Land- und Forstwirt in Klausur, um seine ersten Reime niederzuschreiben. "Den größten Teil verfasse ich aber zwei Tage vor dem Auftritt, schließlich soll die Rede so aktuell wie möglich sein", sagt der bekennende Freund von Goethes "Faust" und Wilhelm Buschs lustigen Geschichten. Klar, dass die große Politik in Berlin diesmal eine große Rolle spielte. Eine Kostprobe:

"Die SPD und ihr neuer Prophet, der gestartet zu früh und gelandet zu spät, der Würselen für den Nabel der Welt und sich für einen Politiker hält, der schlägt jetzt wirklich echt Kapital, einen riesengroßen Salto mortal. Nie wollte er unter Merkel Minister sein, doch das entpuppte sich als großer Schein. Denn der ist nicht doof, er ist ganz schön schlau, der weiß doch seit Wochen schon ganz genau: Minister ist besser als Opposition - erst für das Gehalt, dann für die Pension."

Der in Herten geborene Schalke-Fan steht zwischen 15 und 20 Minuten auf der Bühne, um seine närrischen Pfeile abzuschießen - selbstverständlich auch in Richtung Rathaus. Und das klingt dann so: "Der Bürgermeister seit zweieinhalb Jahren, der hat nebenbei schon so manches erfahren. Der hat noch einen Zwillingsbruder, besser als ein Boxenluder. Der ist Professor in der Schweiz für Affen, Gorillas, für Tiere mit Reiz. Der hat jetzt die Wissenschaft aufgeschreckt und einen neuen Gorilla entdeckt. Dabei - den hätte er längst gefunden, und das nicht nach langen Forschungsstunden, die er dafür benötigt hat. . .im Rat unserer schönen Heimatstadt."

Und auch Hans-Jürgen Petrauschke wird vom närrischen Grafen nicht verschont:

"Der Landrat, den kann man meistens schon loben, ist er auch manchmal abgehoben. Und will er öfters mal auch nicht hören, dann lässt er sich nicht beim Reden stören. Und redet dann ne volle Stunde, bis alles tanzt nach seinem Munde. Beim Thema Affen gekränkt in der Ehre, entsendet er sofort seine Veterinäre. Um zu prüfen wie weit die Evolution in Grevenbroich ist fortgeschritten schon. Und ob nicht einer versteckt und verschmitzt schon jetzt unerkannt im Kreistag sitzt."

Übel genommen habe ihm noch niemand seine Rekeleien, sagt Bertram Graf von Nesselrode. Zumindest wird er immer wieder gerne zum Karneval der Scheibenschützen eingeladen. Beim nächsten Mal 2020 - und dann wird der jecke Mann aus Haus Busch reichlich Zündstoff haben. Denn dann steht die Kommunalwahl vor der Tür.

(NGZ)
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