Grevenbroich Rat beschließt Etat mit Millionen-Minus

Grevenbroich · Mit 34 Stimmen von CDU, SPD, Mein Grevenbroich, FBG beschloss der Rat gestern den Haushalt 2017 mit 20,4 Millionen Euro Defizit. FDP, UWG, ABG, Grüne und Linke/Piraten lehnten mit 15 Stimmen den Etat ab, Kritik gab's reichlich.

Ein Mammutprogramm mussten die Ratsmitglieder gestern absolvieren, fast 1000 Seiten umfasste die Verwaltungsvorlage für 21 Tagesordnungspunkte. Der wichtigste war die Verabschiedung des Etats 2017 mit einem Defizit von 20,4 Millionen Euro bei 170 Millionen Euro Aufwendungen. Die Gewerbesteuer B wird erhöht, eine neue Wettbürosteuer eingeführt.

Unter anderem die beiden großen Fraktionen, CDU und SPD, trugen das Zahlenwerk mit. CDU-Fraktionschef Wolfgang Kaiser spricht von "partnerschaftlicher und konstruktiver" Zusammenarbeit mit dem SPD-Bürgermeister, findet aber viele mahnende Worte. "Wir müssen in den nächsten Jahren im Personalbereich deutliche Einsparungen erzielen." Es sei Bürgern nicht erklärlich, warum bei Musikschule oder Tiergehege gespart werden solle und zugleich "unser Personaletat erhebliche Zuwächse aufweist. Hier läuft etwas aus dem Ruder." Kaiser sieht zu wenig Sparwillen in der Verwaltung. Die von den Bürgern getragenen Opfer, etwa bei der Grundsteuererhöhung, dürften nicht in der Verwaltung verpuffen. Zudem appelliert Kaiser, dass die neuen Stadtbetriebe als Chance, auf Dauer zu sparen, und nicht als "Fortsetzung der heutigen WGV" betrachtet werden sollen.

"Wir werden daran gemessen werden, ob wir den Mut aufbringen, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen", erklärte SPD-Fraktionsvorsitzender Horst Gerbrand. Eine dieser Entscheidungen sei die Deckelung der Kosten für die Musikschule. Nicht nur bei diesem Thema ging Gerbrand mit dem Rhein-Kreis hart ins Gericht. "Wir sind massiv betroffen von der Kreisumlage. Bis heute weiß kaum jemand, welchen Umfang die freiwilligen Leistungen am Gesamtbudget haben. Hier bestehen erhebliche Einsparpotenziale." Gerbrand betonte positive Veränderungen in der Stadt, etwa durch das Innenstadtkonzept ISEK. Und Bürgermeister Klaus Krützen habe im ersten Amtsjahr wichtige Entscheidungen getroffen. "Es war richtig, die Sanierung der Feuerwache zunächst auszusetzen."

Anders wertete FDP-Fraktionschef Markus Schumacher die Arbeit von Krützen. Wenn der Bürgermeister es nicht schaffe, seinen Mitarbeitern den Einsatz als Wahlhelfer ehrenamtlich abzuverlangen, habe er Bedenken, ob Krützen den Mut finden werde, die Verwaltung strukturell neu aufzustellen. Mit Blick auf die Steuern meint Schumacher: Mit neuen oder höheren Steuern Bürger abzukassieren - das sei mit der FDP nicht zu machen. ABG-Fraktionschef Rolf Göckmann kritisiert, Krützen habe "bedauerlicherweise nicht viel" erreicht. In der Personalpolitik seien noch keine Weichen gestellt, Steuererhöhungen seien der falsche Weg, und "das Eis, auf dem das Sanierungskonzept steht, wird immer dünner".

ABG und UWG kritisierten scharf das Einzelhandelskonzept. Deren Handhabung "ist ein Paradigma des Versagens und ein Killer für die wirtschaftliche Entwicklung unserer Stadt", wetterte UWG-Fraktionschef Carl Windler, der der Verwaltung "Verhinderungsplanung" für die Apotheke am Hammerwerk vorwirft. Und die Sanierung der Flutgrabenbrücke für 500.000 Euro sei prädestiniert dafür, als "absolute Steuerverschwendung" bezeichnet zu werden. Martina Suermann (Mein Grevenbroich) sieht bei ISEK generell Handlungsbedarf: "Es wurde seit Jahren versäumt, sich den negativen Entwicklungen" im Bahnhofsviertel zu stellen. Mit "kosmetischen" Vorhaben sei es nicht getan. Die Abfolge der Maßnahmen müsse neu definiert werden. Bei ISEK sei der Zeitpunkt gekommen, "Stopp zu sagen", wie bei der Feuerwache. Die Grünen sagen "Nein" zum Etat, das Ausgabenniveau sei zu hoch. Fraktionschef Dirk Gawlinski geht davon aus, dass die Kosten für die Feuerwache "höher sein werden als bei der ursprünglichen Planung". Und das "zögerliche Herangehen an die Umrüstung der Laternen auf LED" koste jährlich Geld.

Walter Rogel-Obermanns (Fraktionsgemeinschaft Die Linke/Piraten) stieg in die Steuerkritik ein: Die Erhöhung der Grundsteuer B belaste Eigenheimbesitzer und Mieter. Die Umrechnung der Mehrbelastung durch Krützen in Zigarettenschachteln sei keine Lösung. Thomas Bovermann (FBG) appellierte, durch Attraktivitätssteigerung Einnahmen zu erzielen, etwa durch "Wiederbelebung des Dorfplatzes."

(NGZ)
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