Grevenbroich Senior löst das Geheimnis um 2000 alte Fotoplatten

Grevenbroich · Wer hat die vielen Fotos geschossen, die auf einem Dachboden lagen?Das Stadtarchiv stand vor einem Rätsel. Josef Granderath hat's gelöst.

 Josef Granderath (r.) hat Sammler Jürgen Larisch (l.) und dem Stadtarchiv bei der Suche nach einem unbekannten Fotografen geholfen.

Josef Granderath (r.) hat Sammler Jürgen Larisch (l.) und dem Stadtarchiv bei der Suche nach einem unbekannten Fotografen geholfen.

Foto: Salzburg

Josef Granderath aus der Südstadt hat das Rätsel gelöst. Der 78-Jährige weiß genau, wer vor vielen Jahren die 2000 Bilder geschossen hat, die das Stadtarchiv bislang mit dem Stempel "Fotograf unbekannt" versehen hatte. Es war sein Onkel Hubert Balven, der in Gustorf ein Hobby-Fotoatelier betrieb und zwischen den 30er und 50er Jahren äußerst produktiv war. Granderath hat sich auf einem der vielen Bilder wiedererkannt: "Da war ich noch ein kleiner Junge. Mensch, wie die Zeit vergeht."

Es war ein Dachbodenfund, den sich der Wevelinghovener Sammler Jürgen Larisch vor anderthalb Jahren sicherte. Er hatte einen Karton erworben, in dem 2000 Fotoplatten aus Glas lagerten, die allesamt Menschen und Motive aus dem Heimatgebiet zeigten. "Eine kleine Sensation", jubelte damals Stadtarchivar Wolfgang Brandt. Obwohl ein Teil der Bilder bereits mehrfach in Grevenbroich ausgestellt wurde, kam bisher niemand dem Mann auf die Schliche, der vor Jahren auf den Auslöser seiner Kamera drückte.

Das änderte sich, als Josef Granderath bei einer Fotoschau in der Stadtbücherei ein Hochzeitsbild seiner Eltern entdeckte. Einen Originalabzug hat er zu Hause - und er weiß noch ganz genau, wer das Bild von Mutter und Vater aufgenommen hatte: "Das war mein Onkel Hubert aus Gustorf."

Hubert Balven war von Beruf Bergmann, er arbeitete für die Gewerkschaft Roddergrube. Seine Leidenschaft war jedoch das Fotografieren. Über Jahrzehnte hinweg fing er mit seiner Kamera das Leben in Gustorf, Elsen, Laach und Umgebung ein. Er war dabei, wenn Karneval oder Schützenfest gefeiert wurde, brachte seine Kamera bei Familien- oder Vereinsfesten in Position und begleitete so manchen Zeitgenossen auf seinem letzten Weg zum Friedhof. "Seine Fotos schlagen einen Bogen von der Weimarer Republik über die nationalsozialistische Diktatur bis zur jungen Bundesrepublik", sagt Thomas Wolff vom Grevenbroicher Stadtarchiv: "Das ist eine wahre Fundgrube."

An seinen Onkel, der in den 70er Jahren starb, erinnert sich Josef Granderath noch genau: "Er hat mir immer selbst ausgedachte Geschichten erzählt - von den Jungen Hubert und Arnold, die die tollsten Abenteuer erlebten." Das Atelier befand sich auf einem Hinterhof in Gustorf: Dort wurde die Waschküchentür mit einer schwarzen Decke verhüllt, wenn Hubert Balven einen Hintergrund für seine Porträtaufnahmen benötigte. Die Ergebnisse seiner Arbeit sind gestochen scharf - egal, ob es sich um eine Dame handelt, die stolz ihr Fahrrad präsentiert, oder um einen kleinen Jungen mit Tirolerhut.

"Viele Menschen und Orte konnten noch nicht identifiziert werden", berichtet Thomas Wolff. Auch das soll sich ändern: In der Villa Erckens wird ab heute eine Auswahl von Balves Arbeiten in Rahmen und Vitrinen gezeigt, zudem kann das "Gesamtwerk" auf einem Digital-Monitor betrachtet werden. Wer möchte, kann bis zum 25. Mai zur weiteren Aufklärung des Foto-Rätsels beitragen.

(NGZ)
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