Grevenbroich Mehr als nur Wolkenfabrik

Wer jemanden, der sich nicht auskennt, nach Grevenbroich fragt, der bekommt in der Regel diese Antwort: "Da wohnt doch Horst Schlämmer." Bestenfalls kriegt er noch zu hören: "Stehen da nicht die großen Kraftwerke?" Doch Grevenbroich nur auf diese beiden Faktoren zu reduzieren, das wäre zu wenig. Die Stadt an der Erft hat weitaus mehr zu bieten, als nur einen Spaßmacher und zwei, drei Wolkenfabriken.

 Die Kraftwerke von Grevenbroich sind weithin sichtbar und bekannt, aber längst nicht das einzige, was die Stadt ausmacht.

Die Kraftwerke von Grevenbroich sind weithin sichtbar und bekannt, aber längst nicht das einzige, was die Stadt ausmacht.

Foto: NGZ

Moderner Industriestandort auf der einen, idyllische Stadt im Grünen auf der anderen Seite. Ein Gegensatz? Nicht wirklich. Mit viel Weitsicht wurde 1995 in Grevenbroich mit der Landesgartenschau ein wegweisendes Projekt realisiert.

Unter dem Leitmotiv "Die Erde heilen" entstanden in der weitgehend von Industrie geprägten Kommune wertvolle Nahrerholungsgebiete, die heute niemand mehr missen möchte — etwa die Mäanderinsel, der Braunkohlewald oder die Apfelwiese. Der Clou: Diese Grünzonen liegen nur einen Steinwurf von der City und ihrer Fußgängerzone entfernt. "Einkaufen mitten im Grünen — wo kann man das schon?", fragt Fred Schlangen, Vorsitzender des örtlichen Werberings.

"Mediterrane Atmosphäre" Er und seine Kollegen aus dem Einzelhandel schätzen die "mediterrane Atmosphäre", die sich gerade im Frühling und Sommer im Zentrum breit macht. Straßencafés locken mit ihren Angeboten, man kann vom Bummeln prächtig bei einem kühlen Getränk relaxen, um sich vielleicht später im Schatten der uralten Bäume des Stadtparks niederzulassen, um die Seele mal tüchtig baumeln zu lassen.

Dort schlägt mit dem Museum, der alten Versandhalle und der Stadtbibliothek auch das kulturelle Herz Grevenbroichs. Obwohl die Kommune notorisch seit Jahren in den roten Zahlen steht, stellt sie ein ansehnliches Programm auf die Beine. "Kultur fast ohne Geld zu machen — das ist Kunst", meint Dezernent Michael Heesch schmunzelnd.

Sein Glück: Er hat ein motiviertes Team unter seinen Fittichen, das — trotz Überstunden und knapper Kassen — motiviert ans Werk geht. Weltmusik- und Songpoeten-Konzerte, Gastspiele beliebter Comedy-Stars und Ausstellungen mehr oder weniger bekannter Künstlern werden organisiert und finden viel Anklang. Mit großen Kraftanstrengungen versucht die Stadt zudem, die Villa Erckens in ein "Museum der niederrheinischen Seele" zu verwandeln — 2012, spätestens 2013 soll es soweit sein.

Schützen feiern 24 Feste Neben der Kultur lieben die Energie-Städter auch das Feiern — vor allem in den Sommermonaten. Neben dem großen Stadtmitte-Schützenfest am ersten September-Wochenende gibt es noch 23 weitere Heimatfeste und Kirmessen in den Stadtteilen, bei denen Brauchtum und Geselligkeit gleichermaßen gepflegt werden. Auch der Sport spielt eine große Rolle: Rund 80 Vereine, die in allen Orten aktiv sind, bieten mehr als 60 unterschiedliche Sportarten an — von Step-Aerobic bis hin zum Wandern. Auch auf dem gastronomischen Gebiet lässt Grevenbroich keine Wünsche offen: Vom Spitzenrestaurant "Zur Traube" über die Bierkneipe bis hin zur Döner-Bude reicht das Spektrum.

Dass sich Grevenbroich selbst "Bundeshauptstadt der Energie" nennt, liegt zum einen an der Tatsache, dass die Kommune Europas größter Kraftwerksstandort ist. Am Stadtrand investiert RWE zurzeit 2,1 Milliarden Euro in ein neues Braunkohlekraftwerk — immerhin die größte Einzelinvestition im Land Nordrhein-Westfalen. Doch die "Energie" im Stadt-Slogan bezieht sich nicht nur auf die, die hier für die Steckdose produziert wird. Es ist auch die Energie der Grevenbroicher selbst, die die Stadt lebens- und liebenswert macht.

Ohne das Engagement in Vereinen und Verbänden wäre so manches hier nicht möglich.

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