Grevenbroich Stadtbusse sollen gratis fahren

Grevenbroich · Stadtbus umsonst. Dafür will sich die UWG im Grevenbroicher Rat einsetzen. Die Unabhängigen wollen neue Wege im Nahverkehr beschreiten. Ihr Vorbild ist die 68 000-Einwohner-Kommune Hasselt in Belgien.

 Kostenlos mit dem Stadtbus fahren – diese Idee greift jetzt die UWG-Fraktion auf. Die Unabhängigen machen sich für das Nulltarif-System im Nahverkehr stark. Vorbildfunktion genießt die belgische Stadt Hasselt.

Kostenlos mit dem Stadtbus fahren – diese Idee greift jetzt die UWG-Fraktion auf. Die Unabhängigen machen sich für das Nulltarif-System im Nahverkehr stark. Vorbildfunktion genießt die belgische Stadt Hasselt.

Foto: michael reuter

Einfach in den Bus einsteigen und losfahren. Ohne Kleingeld, ohne Kontrolleure. Der kostenlose Nahverkehr — ein Modell für Grevenbroich? Über diese Frage diskutierte jetzt die UWG. Das Ergebnis: "Wir wollen im Rathaus ein Pilotprojekt für unsere Stadt beantragen", sagt Fraktionsvorsitzende Martina Flick: "An einem Wochenende mit verkaufsoffenem Sonntag sollen die Busse ihre Fahrgäste kostenlos in die City bringen." Auf diese Weise könne getestet werden, wie die Grevenbroicher auf ein solches System reagieren.

Fahren die Bürger gratis mit dem Bus, kann das für eine Kommune von Vorteil sein. Das meint René Maudet. Der Wirtschaftsförderer des Kreises Birkenfeld (Rheinland-Pfalz) stellte jetzt bei einer UWG-Veranstaltung im Schloss das Nulltarif-System im Nahverkehr vor. Sein Beispiel: die belgische Stadt Hasselt, mit 68 000 Einwohnern etwas größer als Grevenbroich. Dort muss seit den 90er Jahren niemand mehr für sein Bus-Ticket zahlen — was Auswirkungen hatte.

"Durch den freiwilligen Verzicht auf das Auto wurde der Einzelhandel gestärkt, die Kaufkraft blieb in der Stadt", so Maudet: "Hasselt ist heute die viertgrößte Einkaufsstadt Belgiens. In Handel, Gastronomie und Tourismus entstanden 2000 neue Arbeitsplätze." Weitere Vorteile aus seiner Sicht: weniger Unfälle, eine geringere Umweltbelastung und eine kostengünstige Mobilitätssicherung in Zeiten des demografischen Wandels.

Das Nulltarif-System habe der Stadt hohe Gewerbesteuer-Einnahmen beschert, die unter anderem in den Ausbau und Unterhalt des Nahverkehrsnetzes investiert wurden. Ehemals pendelten 13 Busse auf zwei Linien, heute sind es 100 auf 14 Linien. Die Kosten für das Nulltarif-System im Nahverkehr belaufen sich auf etwa ein Prozent (eine Million Euro) des Hasselter Haushaltes, jeder Bürger zahlt dafür jährlich rund 18 Euro.

"Ein Nulltarif-System wie in Hasselt lässt sich zurzeit in in Deutschland noch nicht umsetzen, die rechtlichen Rahmenbedingungen müssen dafür noch angepasst werden", erklärt Claus Schäfer, Sachkundiger Bürger der UWG. Die Stadt Tübingen (Baden-Württemberg) sei in dieser Sache bereits am Ball, dort werde über einen umlagefinanzierten Nahverkehr diskutiert, der zwischen 100 und 150 Euro pro Kopf und Jahr kosten soll. Von dem Geld würden die Einnahmeausfälle aus dem Ticketverkauf von knapp sieben Millionen Euro ersetzt und der Ausbau finanziert.

"Ein solches System lässt sich nur dann in Grevenbroich einführen, wenn die Akzeptanz in der Bevölkerung da ist — weil jeder für sich die Rechnung machen muss, ob es sich für ihn lohnt", sagt Martina Flick. Sie sieht die Diskussion nun für eröffnet. Kostenloses Busfahren sei eine Riesenchance für die Stadt.

(NGZ)
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