Grevenbroich Taxis fahren mehr Patienten als Partygäste

Grevenbroich · Die Grevenbroicher Taxi-Fahrer haben es mit einer schwierigen Marktlage zu tun. "Kneipensterben" und ein vor allem wochentags kaum vorhandenes Nachtleben drücken den Umsatz. Die Taxi-Fahrer setzen verstärkt auf Krankenfahrten.

 Taxi-Unternehmer Steven Sürder und seine Kollegen steuern immer häufiger Krankenhäuser und Arztpraxen an - und fahren Erkrankte zur Behandlung dorthin. Die Nachfrage in diesem Bereich steigt.

Taxi-Unternehmer Steven Sürder und seine Kollegen steuern immer häufiger Krankenhäuser und Arztpraxen an - und fahren Erkrankte zur Behandlung dorthin. Die Nachfrage in diesem Bereich steigt.

Foto: Lothar Berns

Die Taxi-Unternehmer in Grevenbroich bieten immer mehr Krankenfahrten an. Damit reagieren sie auf Veränderungen auf dem schwieriger werdenden Taximarkt. Das klassische Nachtgeschäft ist in der Schlossstadt laut Unternehmer Steven Sürder um etwa ein Drittel weggebrochen. "Nachts sind inzwischen auch deutlich weniger Wagen unterwegs", sagt er. Sürder betreibt zehn Taxen und vier Mietwagen in Grevenbroich. Auch beim Tagesgeschäft spüren die Unternehmer inzwischen zunehmend Druck - und setzen daher verstärkt auf Krankenfahrten. "Sie machen inzwischen 30 bis 40 Prozent unseres Tagesgeschäfts aus", sagt Sürder.

Bei diesen Fahrten bleibt der klassische Taxameter allerdings aus. "Abgerechnet wird direkt mit den Krankenkassen. Es werden entsprechende Verträge mit den Kassen geschlossen", erklärt Sürder. Zu den Kunden gehören vor allem Erkrankte, die zwar gehfähig sind, aber zu Behandlungen wie Strahlentherapie, Dialyse oder ambulanten Operationen nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren können. Die Fahrten führen dabei häufig ins Umland der Schlossstadt - zum Beispiel nach Köln, Düsseldorf oder Mönchengladbach.

Adi Rath betreibt drei Taxen in Grevenbroich und sieht die Krankenfahrten schon lange als zweites Standbein auf einem sich wandelnden Markt. Das Nachtgeschäft sei seit Jahren rückläufig. "Im Grunde ging es mit dem Ende des Dorfplatzes im Montanushof los", sagt Rath. Das war 2003. Seither gab es zwar zahlreiche Gespräche mit potenziellen Investoren, um die ehemalige Freizeit- und Partyfläche wieder zu beleben - bislang jedoch ohne Erfolg. Die Lücke blieb.

Der Dorfplatz war jedoch nur der Anfang. "Vor allem unter der Woche gibt es in Grevenbroich kein funktionierendes Nachtleben mehr", meint Rath. Die Taxi-Branche hat daran zu knabbern: Weniger Kneipen und Ausgeh-Angebote bedeuten auch weniger Fahrgäste. Die Zahl der Kneipen und Gaststätten ist in den vergangenen Jahren merklich zurückgegangen. Laut Daten des Statistischen Landesamtes zu "steuerpflichtigen Schankwirtschaften" gab es 2008 noch 43 solche Betriebe in Grevenbroich. Die letzten verfügbaren Zahlen stammen aus 2013, da waren es nur noch 36. Erfasst sind in dieser Statistik alle Schankwirtschaften, die einen Jahresumsatz von mindestens 17 500 Euro erzielen; bei Unternehmen mit mehreren Betrieben wird der Umsatz aller Betriebe nur am Unternehmenssitz gezählt. Doch das "Kneipensterben" ist nur ein Grund für den Rückgang. Im Zuge der Einführung des Mindestlohns ist das Taxifahren zu Jahresbeginn teurer geworden. "Die Preise sind um 20 Prozent gestiegen", sagt Steven Sürder.

Gerade junge Erwachsene mit schmalerem Budget, die zu den Nachtschwärmern zählen, überlegen sich daher Alternativen zum Taxi. Wenn sie es aber rufen, dann immer häufiger per App. Die Grevenbroicher Taxizentrale bietet diesen Service in Kooperation mit dem Anbieter taxi.de an. "Die App wird inzwischen immer stärker genutzt", sagt Adi Rath.

(NGZ)
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