Grevenbroich Typisch Mann, typisch Frau? Gibt's nicht!

Grevenbroich · Berufe im Handwerks- und IT-Bereich werden stark von Männern dominiert, in der Erziehungs- und Pflegebranche dagegen arbeiten fast nur Frauen. Die NGZ sprach mit einem Kindergartenleiter und einer Kfz-Mechatronikerin.

Jährlich wird heute, am 8. März, der Weltfrauentag für die Gleichstellung der Geschlechter begangen. Gerade im Berufsleben hat sich diese aber noch nicht durchgesetzt: Denn wie oft sieht man schon eine Frau im Blaumann in einer nach Öl und Benzin riechenden Kfz-Werkstatt, oder einen männlichen Erzieher, der in der Kita mit den Kindern im Bällebad spielt? Die Antwort ist: sehr selten. Trotzdem gibt es immer mehr Männer und Frauen, die über den Tellerrand hinaus in "nichtgeschlechtstypische" Branchen blicken.

Dass es sich lohnt, als Frau in einem von Männern dominierten Bereich zu arbeiten, zeigt Jessica Sá Oliveira (22), die sich in ihrem dritten Ausbildungsjahr zur Kfz-Mechatronikerin im Autohaus Breuer in Kapellen befindet. Im Betrieb ist sie vollkommen integriert. "Es gibt sicher manchmal Kunden, die Frauen in der Werkstatt eher skeptisch gegenüberstehen, aber bisher haben wir eher Lob und Anerkennung bekommen. Dass Frauen hier arbeiten, bemerken die Kunden und finden es toll", lobt ihr Ausbilder und Geschäftsführer Heinz Breuer.

 Jessica Sá Oliveira lernt KFZ-Mechatronikerin und behauptet sich in einer noch vorwiegend männlichen Domäne.

Jessica Sá Oliveira lernt KFZ-Mechatronikerin und behauptet sich in einer noch vorwiegend männlichen Domäne.

Foto: Tinter Anja

In der Schule bekommt Sá Oliveira zwar manchmal Kommentare von den männlichen Lehrlingen zu hören, "nach einem guten Konter sind die dann aber schnell still", sagt sie. Ihr Weg zur Kfz-Mechatronik begann bei einem Girls Day in einer Kfz-Werkstatt, in der sie sich sofort wohlgefühlt hat. Nach dem Abitur begann sie deswegen die Ausbildung im Autohaus Breuer, die sie 2018 abschließen wird. Da ihr das aber noch nicht reicht, plant sie anschließend eine Meisterausbildung. Ihre Zukunft in der Branche sieht die Auszubildende aus Neuss optimistisch: "Durch die Frauenquote dürfte es nicht schwer sein, einen Job zu finden. Firmen wie Mercedes suchen sogar explizit Frauen. Da hat man die gleichen Chancen wie männliche Bewerber", meint Jessica Sá Oliveira.

Regelungen wie die Frauenquote und die Väterzeit sollen die Gleichberechtigung der Geschlechter fördern. Auch Uwe Georg (51), der seit 2015 die Kindertagesstätte "Sonnenland" leitet, findet, dass sich die Geschlechterrollen in der Gesellschaft sehr gewandelt haben. Von dem Aushängeschild der deutschen Familienpolitik, der Väterzeit, profitiert indirekt auch er: "Heute holen viel mehr Väter ihre Kinder ab, als noch vor ein paar Jahren. Das Männerbild hat sich verändert und die Akzeptanz gegenüber Männern in Erziehungsberufen ist gestiegen." Obwohl es vor männlichen Erziehern in den Kindertagesstätten nicht gerade wimmelt, hat er in Grevenbroich immerhin noch vier andere Kollegen. "Für mich ist es gar nichts Besonderes, ein männlicher Erzieher zu sein", sagt Georg. Auch die meisten "Sonnenland"-Eltern akzeptieren ihn. "Manchmal gibt es dennoch Konflikte, beispielsweise wenn es um das Wickeln geht. Da sind manche Eltern mir als Mann gegenüber misstrauisch", gibt der Erzieher zu. "Da muss man dann Kompromisse eingehen." Obwohl er glaubt, dass sich auch in Zukunft nicht viele junge Männer für eine Ausbildung zum Erzieher entscheiden werden, möchte er den Beruf nicht als typischen "Frauenberuf" bezeichnen.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort