Grevenbroich UWG-Politiker: Busfahren soll gratis sein

Grevenbroich · Claus Schäfer will den fahrscheinfreien ÖPNV. Die Stadt soll sich an einem Pilotprojekt beteiligen.

 Können Fahrgäste künftig die Linienbusse kostenfrei benutzen - UWG-Politiker Claus Schäfer schlägt die Teilnahme an einem Modellprojekt vor.

Können Fahrgäste künftig die Linienbusse kostenfrei benutzen - UWG-Politiker Claus Schäfer schlägt die Teilnahme an einem Modellprojekt vor.

Foto: A.Tinter

Seit Jahren setzt sich Claus Schäfer für den "Gratis-Bus" ein - nach der Devise: Einfach einsteigen und losfahren. Weniger Autos, Abgase und Lärm, dafür eine vollere Innenstadt - Schäfer sieht viele Vorteile. Im Internet hat der UWG-Politiker unter www.schlaubus.de einen Blog eingerichtet und informiert über Vorbild-Kommunen, in denen Fahrgäste nicht zu zahlen brauchen. Ein solches Modell will der Soziologe und Medientrainer auch nach Grevenbroich holen - und holte sich parteiübergreifend Anregungen: Schäfer macht auf ein Pilotprojekt für "fahrscheinfreies" Bus- und Bahnfahren aufmerksam, für das sich die NRW-Piraten einsetzen. Die Stadt solle dafür ihr Interesse anmelden.

Schäfers Engagement begann, als er vor Jahren die belgische Stadt Hasselt besuchte. "Dort fielen mir die vielen Busse voller Fahrgäste auf", berichtet er. Die Kommune hatte 1997 auf ein umlagenfinanziertes System umgestellt - sprich für den Kunden war die Fahrt kostenlos. "Hasselt ist von der Größe vergleichbar mit Grevenbroich, die Stadt wies nach einer Werksschließung in den Geschäftsstraßen Leerstände auf", schildert er. Nach der Einführung des für Nutzer kostenlosen ÖPNV seien die Fahrgastzahlen gewaltig gestiegen. "Die City war bald auch nach Ladenschluss voll viele Kunden kamen von außerhalb und sorgten für mehr Steuereinnahmen. Etwa 10.000 Neubürger zogen zu", schildert Schäfer.

Nach politischen Veränderungen wurde das Gratis-System 2013 wieder abgeschafft. "Doch Bürger unter 19 und über 65 Jahren haben weiter freie Fahrt", so Schäfer. 2014 habe auch die estländische Stadt Tallinn den öffentlichen Personennahverkehr ohne Fahrschein eingeführt. Vorbilder auch für Grevenbroich mit seinen Leerständen in der Fußgängerzone? Die Gretchenfrage lautet: Wer bezahlt den Ausfall der Fahrgasteinnahmen? Die Stadt zahlt bereits rund eine Million Euro im Jahr für den ÖPNV.

Auf der Suche nach Lösungsmöglichkeiten war Schäfer jetzt mit seinem UWG-Kollegen Siegfried Baran von Borzestowski bei einer Info-Veranstaltung "Bus & Bahn fahrscheinfrei" der Piraten. Die Landtagsfraktion schlägt ein Pilotprojekt in NRW vor. "Zunächst möchten wir dazu eine Studie erstellen lassen, und darin könnte die Grevenbroich einbezogen werden", kündigt Landtagsmitglied Oliver Bayer an. Er ist Vorsitzender der Enquete-Kommission "Finanzierung, Innovation und Nutzung des ÖPNV" im Landtag.

Das von den Piraten vorgeschlagene Prinzip: Der Fahrgast kann die Busse so oft nutzen, wie er möchte. Die Fahrgeldausfälle - die Mitfinanzierung durch Land und Bund solle weiterlaufen - sollen durch ein "solidarisches Umlagesystem wie beim Semesterticket aufgefangen werden", wie Landtagsabgeordneter Oliver Bayer erklärt.

Das heißt, dass die Kosten auf alle Bürger, "vielleicht auch auf Arbeitgeber oder Touristen", umgelegt werden. So würden geringer Verdienende entlastet und Autofahrer motiviert, auf den Bus umzusteigen. Laut Schäfer soll das Land das Pilotprojekt finanzieren.

(NGZ)
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