Grevenbroich Vogelparadies soll ungestört bleiben

Grevenbroich · Ratsherr Holger Günther (CDU) schlägt vor, die Teiche der früheren Zuckerfabrik für Naherholung zu nutzen. Stadt und Kreis haben erhebliche Bedenken. Das wertvolle Biotop mit vielen seltenen Arten könne empfindlich gestört werden.

Weitgehend im Verborgenen ist nördlich der Kreisstraße 10 bei Wevelinghoven ein Kleinod entstanden. Aus den früheren Klärteichen der Zuckerfabrik Pfeifer und Langen ist ein weitgehend unberührtes Biotop und Vogelparadies geworden. "Eine wunderschöne Ecke, ein Highlight - zum Teil sieht das dort aus wie in der Provence", sagt CDU-Ratsherr Holger Günther. "Das Gebiet sollten wir öffentlich zugänglich machen. Dort könnte man einen schönen Rundweg anlegen und die Landschaft genießen - die Teiche mit den Enten und vielen anderen Vögeln", so der Grevenbroicher. Schon jetzt würden Menschen dort spazieren gehen. Im Ausschuss für Landschaftspflege und Umweltschutz fragte der Politiker an, ob die Teiche für die Naherholung genutzt werden können.

Die Antwort der Stadtverwaltung gibt es am Mittwoch im Ausschuss, der Vorschlag stößt auf keine Zustimmung: "Aus Sicht der Unteren Landschaftsbehörde des Rhein-Kreises Neuss sowie der Verwaltung der Stadt bestehen erhebliche Bedenken", erklärt der Fachbereich für Umwelt. Der Kreis hatte vor Jahren das Areal erworben, um den wertvollen Lebensraum zu sichern. Das Gemeinschaftswerk Natur und Umwelt Rhein-Kreis Neuss (NUN) hat die Patenschaft übernommen..

"Einen sehr hohen ökologischen Wert" haben, so die Stadt, die Biotopteiche. Sie bieten "einer Vielzahl von Vögeln Lebens- und Rastraum". Bei einer Kartierung vor einigen Jahren wurden 38 Brutvogelarten beobachtet, darunter elf seltene Arten - vom Pirol und Eisvogel über die Dorngrasmücke und die Nachtigall bis zur Reiherente und zum Zwergtaucher. Bei intensiverer Nutzung müsse mit einem "völligen Verschwinden" von Arten gerechnet werden, befürchtet die Verwaltung.

Der Grevenbroicher Biologe Oliver Tillmanns hatte die Kartierung vorgenommen, er weiß, welche Vögel dort leben. "Das ist beispielsweise einer der letzten Brutplätze des Zwergtauchers in der Stadt", sagt er. "Zudem nutzen Krickente, Pfeif- und Schnatterente sowie andere seltene Arten die Teiche häufig als Rastplatz auf ihrem Zug zwischen Winter- und Sommerquartier."

Auch Tillmanns sieht bei verstärkter Nutzung durch den Menschen Gefahren. "Gerade bei der Anlage eines Rundwegs hätten die dort lebenden Vögel "keine Möglichkeit mehr zu flüchten - weder an das eine, noch ans andere Ufer. Werden aber die Fluchtdistanzen ständig unterschritten, werden die Tiere irgendwann das Gewässer verlassen." Um Störungen zu vermeiden, "hat der Kreis Schilder aufgestellt, dass das Areal nicht betreten werden soll", weiß Tillmanns. Mittlerweile seien aber die meisten Schilder Vandalismus zum Opfer gefallen.

Für Holger Günther ist klar: "Der Artenschutz ist sehr wichtig. Aber wir sollten auch den Menschen zeigen, über welches Kleinod wir hier verfügen - und wie wichtig es ist, solche Biotope zu erhalten und so Bewusstsein zu schaffen." Mit Blick auf die Bedenken kann er sich zumindest einen Beobachtungsturm und Hinweistafeln zu den dort lebenden Arten vorstellen. Ganz anderes hat Rolf Behrens, Sprecher der Ortsgruppe des "Bund für Umwelt und Naturschutz" (BUND) im Sinn, er ist gegen jegliche intensivere Nutzung. "Am liebsten wäre es uns, wenn das Areal als Naturschutzgebiet ausgewiesen würde."

(NGZ)
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