Haan Bluthochdruck: Patienten in der Pflicht

Haan · Am St.-Josef-Krankenhaus Haan ist eine Spezialabteilung gegründet worden. Sie wird Hypertonie-Kranke schulen.

 Training unter Aufsicht: Jessica Strunk mit Chefarzt Henning Henke, dem Kardiologem Thomas Ellermann und Diabeteszentrum-Chef Ingo Röhrig (v.l.)

Training unter Aufsicht: Jessica Strunk mit Chefarzt Henning Henke, dem Kardiologem Thomas Ellermann und Diabeteszentrum-Chef Ingo Röhrig (v.l.)

Foto: ola

Bluthochdruck gilt als Volkskrankheit, im St.-Josef-Hospital werden jährlich mehrere tausend Patienten mit Hypertonie behandelt. Normalerweise bedeutet dies eine medikamentöse Einstellung meistens auf verschiedene Präparate. Das neue Blutdruckzentrum will nun aber ergänzende Wege gehen. Patienten sollen lernen, ihre Lebensgewohnheiten umzustellen, denn die gelten als Ursache für eine schwerwiegende Krankheit, unter der mittlerweile jeder vierte Deutsche leidet.

Natürlich hört jeder Bluthochdruckpatient bei der Visite am Krankenbett, dass er dringend seine Verhaltensweisen überdenken sollte. Mit dem sinngemäßen "erhobenem Zeigefinger" plädiert der verantwortungsbewusste Arzt für gesündere Ernährung, weniger Stress, mehr Bewegung, wohl wissend darum, dass seine Worte meistens ins eine Ohr hinein- und aus dem andere wieder hinausgehen werden. Letztlich bleibt dem Mediziner dann nur noch, den Patienten gut auf Medikamente einzustellen und ihn später nach Hause zu entlassen.

Für leitende Fachärzte des Haaner St.-Josef-Hospitals ein Zustand der - angesichts stets steigender Zahlen betroffener Patienten - dringend verbesserungswürdig ist. "Aus diesem Grundgedanken heraus ist die Idee der Bluthochdruckambulanz entstanden. Wir wollen mit unseren Schulungen die Verantwortung in die Hände der Patienten zurückgeben. Wir wollen, dass sie hier die Veränderungen ihrer ungesunden Lebensgewohnheit regelrecht erlernen", sagt Dr. Ingo Röhrig, Chefarzt des Diabeteszentrums Rheinland.

Stationäre Patienten sollen ab sofort an einwöchigen Schulungen teilnehmen können. Vier verschiedenen Themenkomplexe umfasst der Lehrplan, Medizin, Sport, Ernährungsberatung, Psychologie/ Stressabbau. "Wir glauben, dass wir die Patienten so wesentlich besser und nachhaltiger einbinden können in Bezug auf ihre Lebensstilveränderung. Natürlich werden wir trotzdem in vielen Fällen nicht gänzlich auf Medikamente verzichten können", erklärt Dr. Thomas Ellermann, Facharzt für Kardiologie. Viele Patienten müssten teilweise fünf verschiedene Medikamente mehrmals am Tag alleine gegen den Bluthochdruck nehmen, so Ellermann weiter. "Dass man da schon mal die Übersicht verliert oder einfach nicht mehr möchte, können wir gut nachvollziehen. Wir werden auch dieses Problem auf jeden Fall in den Schulungen thematisieren." Dass die Haaner Klinik überhaupt die Befähigung für die Einrichtung eines Blutdruckzentrums hat, liegt an einer Zertifizierung der Fachgesellschaft "Hochdruckliga". Nur wenn entsprechende Fachärzte oder Abteilungen und/oder spezialisierte Kooperationspartner vorhanden sind, werden Einrichtungen ausgezeichnet.

Vorerst werden nur stationäre Patienten geschult - freiwillig. Dass nicht jeder das Angebot annehmen wird, ist den Mitarbeitern klar. Krankenhausdirektor Kai Siekkötter weiß auch, warum. "Es geht doch schlicht und einfach um den inneren Schweinehund. Aber man kann es schaffen, ihn schrittweise zu besiegen. Einfach mal nicht rechts zum Fast-Food-Restaurant abbiegen und die Treppe statt den Aufzug nehmen. Das ist dann schon mal ein erster Schritt."

(RP)
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