Haan E-Scooter: Behinderte hoffen auf neue Lösung

Haan · Seit diesem Jahr nimmt die Rheinbahn die Elektromobile von Behinderten nicht mehr mit. Betroffene sind entsetzt.

Felix Werner Winnig muss auf seine geliebten Ausflüge nach Hilden und Düsseldorf verzichten.

Felix Werner Winnig muss auf seine geliebten Ausflüge nach Hilden und Düsseldorf verzichten.

Foto: Ralph Matzerath

Felix Werner Winnig ist seit sieben Jahren auf seinen E-Scooter angewiesen. Nach einer schweren Erkrankung kann der 65-Jährige nur noch unter großen Schmerzen laufen. Sein E-Scooter ermöglicht es ihm, trotzdem noch alleine einzukaufen, Ärzte aufzusuchen oder auch mal Kulturveranstaltungen im Umland zu besuchen. Bisher.

Seit Dezember ist seine Welt enger geworden: Ich fühle mich wie im Hausarrest in Haan", klagt Winnig. Jahrelang sei er Bus und Bahn gefahren, nie habe es Probleme gegeben. Kürzlich passierte ihm folgendes: "Ich wollte von Haan nach Hilden zu meiner Krankenkasse fahren. Da sagt der Busfahrer: ,Ich darf Sie nicht mehr mitnehmen. Es gibt eine neue Verordnung. Er hat dann aber eine Ausnahme gemacht." In Hilden hat er gleich beim Ticketstand an der Gabelung nachgefragt und dort wurde ihm diese Auskunft bestätigt. "Die haben erzählt, die E-Scooter könnten kippen, seien zu groß und viele Menschen mit Handicap würden sich damit schräg in den Gang stellen."

Nicht nur die Rheinbahn, sondern auch viele andere Verkehrsbetriebe in NRW haben die E-Scooter aus Bussen und manche auch aus den Bahnen vertrieben. Winnig wollte sich damit nicht abfinden und wendete sich an die RP, die den Kontakt zu den Haaner Behindertenbeauftragten vermittelte. Sie sind "gegen das neue Verbot", wie Dieter Smolka und Gabriele Bongard betonen, und hoffen, dass es wieder rückgängig gemacht wird. Gemeinsam mit Winnig machen sie erneut den Test in Haan. Ergebnis: Ein Fahrer kennt die Verordnung und hat sie sogar in schriftlicher Form parat. Ein Zweiter behauptet, dass der E-Scooter zu schwer sei und deshalb nicht mit dürfe. "Der wiegt mit seiner Batterie bestimmt mehr als 380 Kilo." Tatsächlich wiegen Mann und Fortbewegungsmittel zusammen 220 Kilogramm.

Landesweit kritisieren Behindertenverbände die Verkehrsbetriebe. Der Landesbehindertenbeirat hat in einer Resolution, die auch auf seiner Homepage zu finden ist, soeben die Verkehrsunternehmen in NRW aufgefordert, ab sofort wieder die Mitnahme von E-Scootern im Öffentlichen Personennahverkehr zu ermöglichen. Derzeit sieht es nicht so aus, als käme er damit durch. Heike Schuster, Sprecherin der Rheinbahn, verteidigt die Entscheidung des Konzerns: Der Verband deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) habe ein Gutachten in Auftrag gegeben, nachdem es bundesweit zu mehreren Unfällen mit E-Scootern gekommen sei. Dabei herausgekommen ist die Empfehlung, Elektromobile besser nicht in Bussen zu transportieren. Deswegen lehnen landesweit etliche Verkehrsverbünde den Transport ab. Manche gehen sogar einen Schritt weiter. Schuster: "Die Bogestra (Bochum Gelsenkirchener Straßenbahnen AG) befördert E-Scooter auch in ihren Straßen- und U-Bahnen nicht mehr." Natürlich wolle niemand "Behinderte ausschließen", beteuert die Sprecherin, aber "E-Scooter sind zusätzliche Fahrzeuge, die sich vielleicht durch andere ersetzen lassen." Damit meint Schuster E-Rollstühle, für die das Verbot nicht gilt.

Felix Werner Winnig regt die Unterscheidung zwischen E-Scooter und E-Rollstuhl auf. "Die können genauso zur Kanonenkugel im Bus werden. Und wenn mir der Fahrer sagt, stell dich nicht schräg, dann mache ich das eben. Das ist doch kein Problem." Für die Verkehrsbetriebe offenbar schon. "Der Schutz der anderen Fahrgäste geht vor", so Schuster. Winnig muss also erst einmal auf seine Ausflüge verzichten. Private Krankenfahrdienste kann er sich nur gelegentlich leisten.

(RP)
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