Haan Flüchtlingskinder suchen Fürsorge

Haan · Derzeit leben sieben minderjährige, unbegleitete Asylsuchende in Haan. Ihre Zahl wird steigen.

Mit der Flüchtlingswelle kommt auf die Stadt Haan nicht nur das Problem der Unterbringung zu. Sie muss zunehmend auch für das persönliche Schicksal der Betroffenen Antworten finden, die zusätzliche Anstrengung erfordern. Das ist zum Beispiel bei minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen der Fall - Kinder und Jugendliche also, die ohne Eltern oder sonstige Erziehungsberechtigte in Deutschland angekommen sind.

Zurzeit leben 9620 in NRW. In Haan sind sieben gestrandet. Einem aktuellen Verteilungsschlüssel zufolge ist jedoch zu erwarten, dass ihre Zahl auf 20 ansteigen wird. Und die erste Beigeordnete Dagmar Formella ließ im Jugendhilfeausschuss am Mittwochabend durchblicken, dass es ihrer Einschätzung zufolge sogar noch mehr werden. Für diese Kinder und Jugendlichen ist das Jugendamt zuständig. Bleiben sie dauerhaft in Haan, muss ein Vormund gestellt werden. "Bei allen sieben Jugendlichen ist deutlich, dass sie einen individuellen Unterstützungsbedarf haben", berichtete Elke Fischer vom Jugendamt dem Jugendhilfeausschuss. Sie sind heranwachsend, teilweise in der Pubertät und müssen sich orientieren ohne die Hilfe vertrauter Menschen.

Doch schon bei der Unterbringung dieser Kinder und Jugendlichen gibt es Probleme - sie können nicht in Massenunterkünften bleiben. Wohngemeinschaften oder Pflegefamilien wären angemessen, heißt es. "Wir müssen für einen dauerhaften Verbleib Möglichkeiten schaffen. Wir haben aber keine städtischen Plätze mehr zur Verfügung und sind auf Kooperationen mit dem Umfeld angewiesen. Wuppertal und Solingen haben aber alle Plätze in der Umgebung schon belegt", erläuterte Fischer.

In Haan gebe es sehr wohl Familien, die ein Flüchtlingskind in Pflege aufnehmen würden. Ihre Idealvorstellung liege jedoch bei eher bei kleinen, syrischen Mädchen. Die Mehrzahl der minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge sind jedoch männliche Jugendliche, zumeist Teenager - davor schrecken viele Interessenten zurück.

Vier Kinder und Jugendliche wurden zwischenzeitlich in Gruiten untergebracht. "Sie leben dort sehr unauffällig", berichtete Fischer. "Was fehlt, sind Angebote in Gruiten im Freizeitbereich." Auch die Vermittlung von Deutsch-Kentnissen sei noch eine Herausforderung. Und über die Bereitstellung von Kindergartenplätzen für Flüchtlingskinder müsse nachgedacht werden. "Bis heute haben wir überhaupt keine Ahnung, wie viele Flüchtlingseltern einen Platz in der Kita haben wollen", sagte Reinhard Pech (Evangelische Kirche). Und das Kibiz-Gesetz, das Standards in Sachen Kinderbildung regelt, "ist nicht kompatibel für die Flüchtlingssituation", wurde im Jugendhilfeausschuss bemängelt. Für die Stadtverwaltung gibt es also noch viel Handlungsbedarf.

Hoffnung gab den Beteiligten aber eine Zahl, die Friedhelm Topp nannte: Der Leiter der Psychologischen Beratungsstelle Hilden und Haan berichtete, dass 50 Prozent der erwachsenen Flüchtlinge posttraumatische Belastungsstörungen haben, aber nur 20 Prozent der Kinder sie aufweisen.

(arue)
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