Haan Nächste Woche stehen die Maschinen still

Haan · Weil sich weder Nachfolger noch Investor fanden, muss die Firma Bernh. Koch endgültig schließen.

 Die Werkhallen sind fast menschenleer. Nur noch eine Anlage arbeitet. Die restlichen Maschinen putzt Krystyna Lammich-Dlugia für den Verkauf. Die 62-Jährige wird nach Schließung der Firma in Rente gehen.

Die Werkhallen sind fast menschenleer. Nur noch eine Anlage arbeitet. Die restlichen Maschinen putzt Krystyna Lammich-Dlugia für den Verkauf. Die 62-Jährige wird nach Schließung der Firma in Rente gehen.

Foto: arue

Die Maschine von Enrico Fischer ist die einzige, die in dem großen, fast menschenleeren Gebäude der Firma Koch noch läuft. Im Sekundentakt spuckt sie Stahlrohre aus. Sie werden später verwendet, um Kopfstützen in Autositzen zu verankern. 20 Jahre lang arbeitet Fischer nun schon bei der Firma Koch. "Ich habe viel gelernt", sagt er. Anfangs war er einfacher Bediener. Jetzt ist er Maschineneinrichter. Doch nächste Woche ist Schluss. Dann stellt auch seine Anlage die Produktion ein. "Das ist sehr, sehr schade", bedauert der 40-Jährige. "Ich hätte gerne noch weitere 20 Jahre hier gearbeitet." Und während er das sagt, wendet sein sonst so beherrschter Chef den Blick ab.

Die Firma Bernh. Koch & Sohn, 1945 in Langenfeld vom Vater des heutigen Unternehmers Klaus Koch als Stanzbetrieb in Langenfeld gegründet, wird Ende Februar endgültig ihre Tore schließen. Bis zu 140 Mitarbeiter beschäftigte der Automobilzulieferer einst, als die Geschäfte noch gut liefen. Doch das Diktat der Abnehmer und der Preisdruck zwangen Klaus Koch zu ständigem Aderlass. Und weil sich kein Nachfolger in der eigenen Familie fand - die erwachsene Tochter lebt in Spanien - begann der heute 77-Jährige schon vor zehn Jahren, nach einem Investor zu suchen. Viele Stunden habe er mit Interessenten zusammengesessen, kalkuliert und verhandelt, sagt Koch und weist auf den Besprechungstisch. Vergeblich.

 Einst arbeiteten hier bis zu 140 Beschäftigte. Die Wirtschaftsförderung sucht gemeinsam mit den Eigentümern nach Nachmietern.

Einst arbeiteten hier bis zu 140 Beschäftigte. Die Wirtschaftsförderung sucht gemeinsam mit den Eigentümern nach Nachmietern.

Foto: Olaf Staschik

Zuletzt blieb ihm nur noch die Wahl zwischen Auflösung und Insolvenz. Die Insolvenz konnte er abwenden. Die Umsätze der letzten Produktion fließen in Löhne und Abfindungen der Beschäftigten. Koch, der im Laufe der vergangenen Jahre selbst jene Versicherungen beliehen hat, die eigentlich seiner Altersvorsorge dienen sollten, hofft auf ein Auskommen durch den Verkauf von Anlagen und Geräten.

Einige Maschinen wurden bereits abmontiert. Für andere "wurde uns kaum mehr als der Schrottwert geboten", sagt Manfred Kempa bitter. Der 58-Jährige ist Werkzeugmacher und war zuletzt Betriebsleiter bei der Firma Koch. Kürzlich hat er einen neuen Job in Hilden gefunden. 24 Jahre war er seinem Arbeitgeber treu. Jetzt hilft er, die Maschinen für den Verkauf zu putzen. Kempa öffnet eine Schublade. Fräser und Bohrer liegen darin, säuberlich geordnet und beschriftet. Fast wirkt es, als könne die Belegschaft noch nicht so recht daran glauben, dass hier schon in der kommenden Woche nichts mehr produziert wird.

Eigentümer des zirka 5000 Quadratmeter großen Grundstücks mit 4000 Quadratmetern umbauter Fläche ist eine Stiftung. Wie Elmar Jünemann, berichtet, sucht die Wirtschaftsförderung in Zusammenarbeit mit ihr bereits nach einem Nachmieter.

Den wird Enrico Fischer nicht mehr kennenlernen. Der Vater von fünf Kindern hat eine neue Anstellung gefunden. Dort muss er zwar wieder von unten anfangen. Aber das schafft er. Fischer weiß sein Glück zu schätzen: Andere Kollegen suchen noch.

(arue)
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