Haan Noch mehr Container für Flüchtlinge?

Haan · Der Sozialausschuss will in einer Sondersitzung am 29. April über das Thema erneut beraten. Derweil formiert sich Widerstand.

 Ein Bewohner, der nicht fotografiert werden möchte, öffnet bereitwillig die Türe zu seinem Zimmer in der Containersiedlung für Flüchtlinge am Ellscheid.

Ein Bewohner, der nicht fotografiert werden möchte, öffnet bereitwillig die Türe zu seinem Zimmer in der Containersiedlung für Flüchtlinge am Ellscheid.

Foto: Olaf Staschik

Langsam öffnet sich die Jalousie, das Fenster geht auf. Es herrscht strahlender Sonnenschein an diesem Morgen. Der Mann, der aus dem Fenster schaut, blinzelt und grüßt dann freundlich die Journalisten, die da auf dem Schotterplatz vor seinem Fenster stehen. Der Mann ist einer von 35 Flüchtlingen, die zurzeit in der kleinen Containersiedlung am Ellscheid leben. Die Container sind sichtlich in die Jahre gekommen. Die weiße Fassadenfarbe ist vergilbt. Doch die Räumlichkeiten sind sauber. Bereitwillig zeigt ein Bewohner sein Zimmer - es ist tipptopp aufgeräumt.

Geht es nach der Stadtverwaltung, die händeringend nach Quartieren für "ihre" Flüchtlinge sucht, dann werden hier schon möglichst bald noch mehr Betroffene leben - weitere Container für insgesamt 60 Personen könnten an diesem Standort aufgestellt werden. Allerdings hat die Verwaltung mit dieser Lösung durchaus auch Bauchschmerzen: Mit dann gut 90 Personen befürchtet sie eine "Ballung", die zu Konflikten führen kann. Außerdem trägt auch so mancher Politiker schwer daran, Flüchtlinge in Containern unterzubringen, weil diese Unterkünfte als menschenunwürdig angesehen werden.

Martin Sahler vom Caritas-Fachdienst für Integration und Migration sieht darin ein eher nachgeordnetes Problem. Die Caritas betreut gemeinsam mit der Stadt Haan die Flüchtlinge, kennt die Situation aus eigener Anschauung vor Ort. Wie Sahler am Rande des vergangenen Sozialausschusses berichtete, lassen sich Container in mehrere Zimmer aufteilen. Dort sei eine Intimsphäre viel eher gewahrt als beispielsweise in Klassenzimmern ehemaliger Schulen, wo ganze Großfamilien ohne die Chance auf eine Rückzugsmöglichkeit für Einzelne oder Paare untergebracht sind.

Der Sozialausschuss wird in einer Sondersitzung am Dienstag, 29. April, 16 Uhr, erneut über mögliche Standorte zur Unterbringung von Flüchtlingen diskutieren. Eile tut not, denn Monat für Monat kommen weitere Menschen hinzu, die eine Unterkunft brauchen. Die bisherigen Kapazitäten sind ausgereizt. RP-Informationen zufolge ist - anders als geplant - von den drei übergangsweise genutzten Häusern an der Kreuzung "Polnische Mütze" erst eines geräumt. Für die Bewohner der beiden anderen Gebäude werden Unterkünfte gesucht - auch in Wohnungen, die die Stadt Haan anmieten will. Bislang hat sich jedoch offenbar noch niemand zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit erklärt. Und auch das ist ein Problem: Immobilien in städtischem Besitz, die als Standorte in Frage kommen, sind häufig Filetgrundstücke, deren Vermarktung für Investoren attraktiv wäre und der finanziell stark belasteten Stadt dringend benötigte Einnahmen bescheren würde. Dienen Grundstücke und Gebäude aber als Flüchtlingsquartiere, wäre die Möglichkeit sie zu verkaufen, blockiert.

Derweil regt sich bei Anwohnern auch Widerstand. In Gruiten verfolgen Bürger die Diskussion mit Anspannung, weil auch der Zirkusplatz im städtischen Konzept genannt ist und sie schon in der Vergangenheit unter Lärm leiden mussten. Ähnlich geht es Anwohnern der Kampheider Straße, einem idyllischen Wohngebiet in der Nähe von Ostermann: "Ich denke, es gibt Standorte, die sind vorhanden und schneller und billiger zu bebauen als die Wiese an der Kampheider Straße", gibt sich Kurt Knepper, Vorsitzender des Kleingartenvereins Haan 69, skeptisch und abwartend. Deutlichere Worte findet Hans-Jürgen Busch von der Bürgerinitiative Unterhaan, die den möglichen Standort Heidfeld im Blick hat: "Wir werden sofort klagen, würde dort eine Unterkunft geplant", sagt Busch und verweist auf vergangenen Ärger mit dem ehemaligen Obdachlosenheim an diesem Standort.

Für die Politiker aller Fraktionen, die sich zurzeit im Wahlkampf befinden, ist dies ein Spagat: Sie müssen für eine menschenwürdige Unterkunft sorgen und ein offenes Ohr für die Anwohner haben. Auch die Diskussion am 29. April wird eine intensive sein.

(RP)
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