Kristin Wedmann "Wir bauen Wanderwege für Fische"

Hilden · Heute ist der Tag des Fisches. Der Bergisch-Rheinische Wasserverband sorgt für die Lebensräume in den Gewässern.

 Kristin Wedmann leitet beim BRW den Fachbereich Gewässer. Im Hintergrund ist eine Fotokollage zu sehen, die ein naturnahes Ausbauprojekt am Velberter Deilbach zeigt.

Kristin Wedmann leitet beim BRW den Fachbereich Gewässer. Im Hintergrund ist eine Fotokollage zu sehen, die ein naturnahes Ausbauprojekt am Velberter Deilbach zeigt.

Foto: Olaf Staschik

Am "Tag des Fisches" soll aufmerksam gemacht werden auf den Artenschutz vor allem bedrohter Fischarten. Der Bergisch-Rheinische Wasserverband (BRW) ist zuständig für die Unterhaltung und die ökologische Verbesserung der Gewässer im Kreisgebiet . Damit legen Sie gewissermaßen die Grundlagen.

Kristin Wedmann Das ist richtig. Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie setzt den Handlungsrahmen in der Wasserwirtschaft und fordert den guten Zustand aller Gewässer. Dieser wird unter anderem an vier Parametern gemessen: Das sind die Kleinstlebewesen vom Bachflohkrebs bis zur Libellenlarve, die Fische, Wasserpflanzen und Kieselalgen. An deren Vorkommen lässt sich ablesen, ob der Zustand gut ist und ob die Lebensräume stimmen. Für die Fische ist die Durchgängigkeit von Bächen und Flüssen entscheidend. Und hier setzt auch der BRW seine Priorität bei der Verbesserung der Gewässer. Wir bauen quasi Wanderwege für Fische und vernetzen Lebensräume.

Was ist ein durchgängiges Gewässer?

Wedmann Bäche wurden in den letzten 50 bis 100 Jahren ausgebaut. Es entstanden Wehre oder Abstürze als Querbauwerke zur Nutzung der Gewässer. Bachbetten wurden kanalisiert, um Wasser schnell ableiten zu können. All das sind Hindernisse für die Fische, die in die Oberläufe der Bäche wandern wollen, um dort zu laichen. Also müssen wir versuchen, die Hindernisse abzubauen. Abstürze werden ersetzt durch Strecken mit flachem Gefälle. Diese sogenannten Sohlengleiten ermöglichen den Fischen ein Überwinden der Höhenunterschiede.

Wo sind bisher solche Umbauten gemacht worden?

Wedmann An der Auermühle im Verlauf der Anger zum Beispiel ist eine steile Betonrampe durch eine Sohlgleite in Störsteinbauweise ersetzt worden. Am Deilbach in Velbert gab es eine größere Maßnahme. Und im Bereich des Gruitener Klärwerkes werden bald drei Sohlabstürze beseitigt. Im Verlauf der Düssel in Richtung Brackermühle führt jetzt eine Sohlgleite um ein altes Wehr herum.

Was bedeutet der Begriff "Störsteinbauweise"?

Wedmann Die Wassermenge, die ein Bach befördern muss, wird nicht weniger. Die Störsteine in der Sohlgleite reduzieren die Energie des Wassers und schaffen ausreichende Fließtiefen für die Fische.

Wie entscheidet der BRW, wo was wie verändert wird?

Wedmann Ende 2000 verabschiedete die EU die Wasserrahmenrichtlinie. Danach wurden Umsetzungsfahrpläne für alle Gewässer aufgestellt und ein Priorisierungskonzept erarbeitet. Wir prüfen in jedem Einzelfall, wo ein Sohlverbau entfernt werden muss oder ein Querbauwerk beseitigt oder umgangen werden kann. Dann müssen Lösungen mit den Grundstücks-Eigentümern erarbeitet werden. Auch die Unteren Wasser- und Landschaftsbehörden sind mit im Boot.

Das klingt danach, dass Planungen langwierig sind.

Wedmann Ja, das sind sie leider häufig. Zwischen Planung und Projektbeginn können drei bis vier Monate, aber durchaus auch drei bis vier Jahre oder mehr liegen.

Und wer bezahlt die Umbauten?

Wedmann Das Land Nordrhein-Westfalen hat einen Fond mit jährlich 80 Millionen Euro geschaffen für die Umsetzung von Projekten aus der Wasserrahmenrichtlinie. Da melden wir Projekte an und beantragen Fördermittel, die bis zu 80 Prozent der Kosten abdecken. Der Eigenanteil wird zum Teil vom BRW über die Beiträge seiner Mitglieder (Städte und große Unternehmen) finanziert. In Einzelfällen zieht der Kreis aber auch die Eigentümer zu Kosten heran.

Wann werden denn die Gewässer in einem guten Zustand sein?

Wedmann Die Wasserrahmenrichtlinie sieht vor, dass die Maßnahmen bis zum Jahr 2027 umgesetzt sind. Allein im Verbandsgebiet gibt es aber rund 1700 Maßnahmen abzuarbeiten. Es ist allerdings zweifelhaft, ob die Umsetzung aller Projekte in den nächsten elf Jahren gelingen wird.

Nun transportieren die Bäche in unserem Bereich ja auch Wasser aus den Klärwerken. Wie sieht es denn mit dem Zustand für Fische zum Beispiel in der Düssel oder Itter oder Anger aus?

Wedmann Der Zustand hängt nicht nur von der chemischen Wasserqualität ab. Auch die Struktur ist von Belang. Der Kreis Mettmann ist sehr dicht besiedelt und stark genutzt und somit die Gewässerstruktur häufig schlecht. Der Zustand der Gewässer mit Blick auf die Fische ist eher mäßig - das gilt zum Beispiel für Mettmanner Bach und Düssel. Gute Qualität findet sich in Abschnitten des Hardenberger Bachs und des Deilbaches, Schlecht ist die Wertung für lange Abschnitte der Itter und Teilabschnitte der Anger.

Welche Fische leben denn in unseren Bächen?

Wedmann Um den guten Zustand zu erreichen, wünschen wir uns zum Beispiel Forellen, Groppen und Bachneunaugen und auch Elritzen, Schmerlen und Stichlinge in den Gewässern. Diese Arten sind aber nur teilweise vertreten.

DIE FRAGEN STELLTE RALF GERAEDTS

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort