Interview: Rp-Serie Moderne Bauern (2) Aus heimischen Zuckerrüben wird Cola

Hilden · Die Rapsernte ist in vollem Gange, danach sind die Zuckerrüben dran - Nachschub für die Süßwarenindustrie.

 Landwirt Johannes Paas auf seinem Rübenfeld in Homberg/Obschwarzbach. Es wird nicht mehr mit der Hand geerntet, sondern mit Rübenrodern, die sich die Landwirte im Kreis teilen.

Landwirt Johannes Paas auf seinem Rübenfeld in Homberg/Obschwarzbach. Es wird nicht mehr mit der Hand geerntet, sondern mit Rübenrodern, die sich die Landwirte im Kreis teilen.

Foto: Blazy, Achim (abz)

Im späten Frühjahr möchte man immer wieder meinen, dass der Raps nur gesät worden ist, um die Landschaft im Kreis Mettmann mit leuchtendem Gelb zu illuminieren. Irgendwann ist die Farbe verschwunden. Und nun wird das, was vom ehedem attraktiven Gewächs übrigbleibt, geerntet. Aus den Samen wird hochwertiges Öl gepresst.

Der Raps ist also schon in der Phase, die Ertrag bringt, während auf benachbarten Feldern die Zuckerrüben an Volumen zunehmen. In der Fruchtfolge wird nach der Öl- und der Hackfrucht auf demselben Feld Getreide angebaut, und zwar bevorzugt Weizen. Der tiefwurzelnde Raps erschließt nämlich Nährstoffe im Boden, die den nachfolgend angebauten Feldfrüchten zugute kommen.

Die Landwirte müssen genau aufpassen, wann der Raps dran ist, denn die Samen in den Schoten bringen's. So kann der Ratinger Landwirt Johannes Paas aus den 50 Hektar Raps, die er bewirtschaftet, gut 2000 Liter Rapsöl machen. Aus dem Rapsschrot wiederum, das beim Pressen in der Ölmühle anfällt, lässt sich nährstoffreiches Tierfutter herstellen, das von Rindern bevorzugt wird.

Im Rheinland wächst der Raps auf 17000 Hektar und das als Winterraps, der im vergangenen Herbst gesät worden ist - 40 Körner pro Quadratmeter - und der ertragreicher ist, "wenn er denn als Korn den Schnecken entgangen ist, die ihn bevorzugen, und auch den Tauben", so Paas.

Die Zuckerrüben haben noch ein paar Wochen Zeit, bis sie geerntet werden. Das geschieht nicht mehr so mühselig wie früher - sie werden ja auch nicht mehr von Hand vereinzelt - sondern mit Rübenrodern. Die teilen sich 700 Landwirte im Kreis und weit darüber hinaus. Gleiches gilt für die 17 Lastwagen, um die 200 000 Tonnen Hackfrüchte in die Zuckerfabriken schaffen. Die Deutsche Bundesbahn hat sich Anfang der neunziger Jahre aus ökonomischen Gründen aus dem Transport von Zuckerrüben zurückgezogen, so dass die Umstellung des gesamten Rübentransports auf die Straße notwendig wurde. Und dabei hat so eine Rübe auch mal als Samenkorn klein angefangen: Das wird mit einer Pillierungsmasse aus Gesteinsmehl oder anderem Material umhüllt, dem gleichzeitig Wirkstoffe gegen Pilzbefall oder tierische Schädlinge beigemischt worden sind. Das ist arbeitssparend, mittelsparend und umweltschonend, denn 100 Gramm Wirkstoff reichen aus, um das Saatgut für einen Hektar zu behandeln.

"Außerdem erhalten wir auf diese Weise einheitliche Korngrößen, was bei der Einzelkornsaat Voraussetzung für eine genaue Ablage des Saatgutes ist", so Paas. Er baut die Frucht auf 35 Hektar an. Die Rüben können nach der Ernte in Mieten am Feldrain abgelegt werden, damit sich die Lieferungen an die Zuckerfabriken entzerren. Und sie bleiben unter Vlies, damit die Luft zirkuliert und die Früchte nicht matschig werden und verderben.

20 Prozent des gewonnenen Zuckers werden direkt verkauft, 80 Prozent gehen an die weiter verarbeitende Industrie, die ihre Produkte damit süßt. Und, umgerechnet, können 180 Gramm Zucker aus anderthalb Rüben komplett in einem Liter Cola verschwinden.

(RP)
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