Hilden „Wir sind wie entwurzelt!“

Düsseldorf · Zum Ende des Jahres wurde die Jesus-Christus-Kirche im Hildener Osten außer Dienst gestellt und aus wirtschaftlichen Gründen aufgegeben. Das Gelände soll verkauft werden. Das hat das Presbyterium im Sommer beschlossen. Am Sonntag feierte die Gemeinde am Clarenbachweg den letzten vollständigen Gottesdienst in den über drei Jahrzehnten liebgewordenen Räumlichkeiten.

Knapp 50 Gläubige wirkten zunächst noch gefasst, während sie mit Pfarrer Udo Pickshaus beteten. Dieser sprach von „gemischten Gefühlen“, mit denen man sich an diesem letzten Vormittag im Gotteshaus versammelt habe. Mit hoffnungsvollen Worten der frohen Botschaft ging der Geistliche auf die Situation der Gläubigen ein. „Auch wenn manchmal in uns tiefe Trauer ist, sind wir doch nicht allein“, so Pickshaus.

Wie eine große Familie

Doch die Gefühle des Verlustes übermannten schließlich doch den ein oder anderen, der sich die Augen rieb und ein Taschentuch hervorkramte. Auf dem Weg zum Ausgang nach Ende des Gottesdienstes ließ Edith Weichenthal ihren Emotionen und Tränen freien Lauf. „Wir sind wie entwurzelt.“ Seit 40 Jahren wohne sie im Hildener Osten. „Den ersten Gottesdienst erlebten wir auf Kinderstühlen. Unsere Kinder sind hier konfirmiert und unsere Enkel getauft worden. Es wird nie wieder so werden, wie es war“, sprudelte es aus der Rentnerin heraus, während ihr eine Träne über die Wange lief. Die Gemeinde sei wie eine große Familie gewesen.

Auch ihrem Mann Günther fällt der Abschied schwer. „Vielleicht würde die Situation anders aussehen, wenn die Leute hier im Osten mehr zur Kirche gestanden hätten. Viele junge Familien haben ihren Ruf nicht gehört“, meint der Pensionär.

Fahrdienst für Ältere

Damit die „sehr gute Gemeinschaft“ in Zukunft nicht auseinander bricht, hat sich Weichenthal bereits angeboten, ältere, eingeschränkt mobile Mitgläubige im Auto mit in die Stadt zur Reformationskirche zu nehmen. Dort werden künftig sonntags zwei Gottesdienste gehalten. Pfarrer Traugott Vitz hat seine „Schäfchen“ in den vergangenen Tagen sanft aber bestimmt zurück auf den Boden der Tatsachen geholt. „Viele kamen zu mir und fragten mich, ob es nicht eine andere Lösung gegeben hätte. Ich habe ihnen geantwortet, dass wir uns alles gründlich überlegt haben. Auch mir tut der Verlust weh,“ so Vitz. Er werde jedoch trotz allem Pfarrer des ersten Pfarrbezirks Hilden-Ost bleiben und für die Bürger da sein. Was bleibe, sei das, was das Gotteshaus ausgemacht habe, sagte der Geistliche. Vitz: „Die Gottesdienstgemeinde war sehr singfreudig. Kennzeichnend ist, dass die Leute, die sich vor 30 Jahren für den Bau der Kirche eingesetzt haben, heute noch immer da sind“.

Sonntag, 6. Januar, 9.30 Uhr Entwidmungs-Gottesdienst, in dessen Verlauf eine Prozession zur Reformationskirche zieht (gegen 11 Uhr).

(RP)
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