Hilden Bürger diskutieren heftig auf der Straße vor dem Saal

Um 18.20 Uhr geht nichts mehr. Gut 200 Menschen stehen auf dem Bürgersteig der Gerresheimer Straße. Der Saal von Haus Witt ist voll. Dem Hausmeister an der Pforte wird mehrfach Prügel angedroht. Er zuckt gelassen mit den Schultern. Dann kommt jemand und hängt ein Schild auf: Um 20.30 Uhr gibt es eine zweite Bürgerinfo.

Auch das mildert die Wut von einigen nicht: "So eine Unverschämtheit. Na warte, die können sich auf was gefasst machen." "Die haben mit Absicht einen zu kleinen Saal genommen, die wollen uns gar nicht informieren." "Es ist ja sowieso alles beschlossen, wir werden doch von vorn bis hinten ver..."

Dann beginnen die Diskussionen auf dem Bürgersteig. Ein Mann aus dem ehemaligen Jugoslawien sagt: "Alle Flüchtlinge müssen unser Deutschland verlassen." Was seien das für Leute, die ihre Familien im Kriegsgebiet allein ließen und nun hier Geld kassieren wollten? Andere fallen ihm ins Wort: "Sie können die doch nicht pauschal verurteilen. Das machen wir mit Ihnen ja auch nicht."

Ein junger Vater hat Angst um seine kleine Tochter; die ist im Kindergarten unmittelbar neben der geplanten Unterkunft angemeldet. "Ich möchte das Risiko für mein Kind minimieren." Auf die Frage, wo die Flüchtlinge denn stattdessen hinsollen, sagt er: "Keine Ahnung, jedenfalls nicht hier hin."

Eine ältere Frau sagt, sie habe Angst vor den vielen alleinreisenden Männern. Im Gespräch mit ihr und vielen anderen in der Kälte tut ein Hausmeister der Stadt sein Bestes: "Ich betreue mit meinen Kollegen die Unterkünfte schon seit Monaten. Da ist nichts vorgefallen." Im Gegenteil: Es sei beeindruckend, wie schnell manche Neuankömmlinge Deutsch lernten. Andere bräuchten dafür eben länger. "Wie bei uns in der Schule...". Seine Worte sind es, die die Umstehenden zum Nachdenken bringen, andere lassen sich durch Facebook anstacheln. Die Frau sagt: "Vor zehn Jahren wurde meine Cousine vergewaltigt, von einem Deutschen."

Eine andere Seniorin erzählt, wie die Hildener nach dem Zweiten Weltkrieg zusammengerückt sind. Die ausgebombten Nachbarn habe man aufgenommen; sie habe in der Badewanne geschlafen. Doch die Menschen jetzt? "Die sollen bei denen einziehen, die sich so sehr für die einsetzen." Im letzten Jahr sei in Hilden kein Geld mehr für die Pflege der Bürgersteige dagewesen. "Und jetzt haben sie plötzlich Milliarden; Da stimmt doch etwas nicht." Die Skepsis ist groß.

(dne)
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