Hilden Clarkes Musik befreit auch das Publikum

Hilden · Der amerikanische Jazzbassist Stanley Clarke gab ein umjubeltes Konzert bei QQTec. Seine Fans feierten den Star mit Standing Ovations.

"Befreier des elektrischen und akustischen Basses" - so nennt seine Website den Jazzbassisten Stanley Clarke. Gewiss, der vierfache Grammy-Preisträger, der klassischen Kontrabass studiert hat, holte sein Instrument Mitte der 70er Jahre aus dem Schatten des Bühnenhintergrundes, brachte es ins Rampenlicht und tourte als Solokünstler mit eigener Band um die Welt. Das ist in der Tat ein Akt der Befreiung. Ferner übertrug er die von Larry Graham entwickelte Slap-Technik des Funk, bei der die tiefen Saiten mit dem Daumen angeschlagen werden, vom elektrischen auf den akustischen Bass und führte sie in den Jazz ein.

 Bassist Stanley Clarke vor seinem Auftritt im QQTec

Bassist Stanley Clarke vor seinem Auftritt im QQTec

Foto: Steingiesser

Dass aber diese Befreiung auch eine Entfesselung ist, das kann man nur live erleben. Und zwar am besten nicht in einer der großen Hallen, in denen er vor Tausenden von Zuhörern auftritt, sondern in einem Club-Konzert, wie jetzt bei QQTec. Dort nämlich war man so nah an der Bühne, dass man nicht nur die knisternde Spannung spürte und die Energie, die sich beim Improvisieren entlud. Man konnte das brillante, hochvirtuose, akrobatische Spiel des Meisters auch beobachten.

Gleich beim ersten Stück, dem Grammy-gekrönten "No Mystery" der Jazz-Rock-Kultband "Return to Forever", zu der 1975 Chick Corea, Stanley Clarke, Al Di Meola, und Lenny White gehörten, waren sie da: die mit höchster Präzision punktgenau ausgestanzten Unisono-Läufe. Und als dann im Bass-Solo Clarkes Hände wie flatternde Vögel über die volle Länge des Griffbretts flogen, da schien der sonst so behäbig wirkende Kontrabass die Fesseln der Materie abzuwerfen.

Für seine Band hat Clarke sehr junge Musiker engagiert, wie den erst 19-jährigen georgischen Pianisten Beka Gochiashvili und den 20-jährigen Drummer Mike Mitchell. Auf die Frage, weshalb er nicht auf erfahrenere Kollegen zurückgegriffen habe, antwortete er im RP-Gespräch mit einem Augenzwinkern: "Die älteren sind mir zu langsam." Erst im Konzert wurde klar, dass das nicht scherzhaft gemeint war. Denn diese Jungs verbinden technische Perfektion und Geschwindigkeit mit Experimentierfreude. Ein Jungbrunnen für den 64-jährigen Clarke und ein Glück für seine Musik.

Clarke schien vor Ideen nur so überzusprudeln. Etwa, wenn er in seine Improvisationen Zitate aus seinen "Bass Folk Songs" einflocht oder gar den Anfang des Präludiums aus Bachs erster Cello-Suite. Die Fans ließen ihren Helden auch nach der Zugabe nicht gehen. Sie applaudierten stehend so lange, bis Clarke die Basslinie seines Hits "School Days" anschlug. Raunen. Ja, diese Musik befreit. Nicht nur den akustischen und den elektrischen Bass, sondern auch das Publikum.

(stei)
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