Hilden Da war das Kribbeln zu stark

Düsseldorf · Anlässlich der Olympischen Spiele in Peking blickt die RP auf die Olympiateilnahmen von Hildener und Haaner Sportlern zurück. Zum Auftakt ein Besuch bei Erna Herbers, Schwimmerin bei den Spielen von Helsinki 1952.

Als Erna Herbers in Helsinki auf den Startblock stieg, verspürte sie eine vertraute Nervosität. "Bei großen Meisterschaften hat es immer gekribbelt", erinnert sich die ehemalige Schwimmerin. Damals konnte die heute 83-Jährige bereits auf eine lange, erfolgreiche Karriere mit vielen nationalen und internationalen Medaillenerfolgen — darunter 15 deutsche Meistertitel — zurückblicken.

Doch nun, im Vorlauf über 100 Meter Rücken der Damen bei den Olympischen Sommerspielen 1952, wurde das Kribbeln zu stark: "Ich habe aus lauter Nervosität meine Wende verpasst", erzählt Erna Herbers. Die Folge: Erst nach 1:23,1 Minuten, zehn Sekunden über ihrer Bestzeit, schlug sie an. Mit dem letzten Platz musste die damals 27-Jährige ihren olympischen Traum, einen Einzug in den Endlauf, begraben.

Londoner Olympiagold verpasst

Heute blickt die Wahl-Hildenerin jedoch gelassen auf ihren Auftritt beim größten Sportereignis der Welt zurück: "Das war einfach Pech. Man muss auch verlieren können." Das habe sie schon durch die starke Konkurrenz im Schwimmverein in Holland gelernt. Dort ist Erna Herbers geboren und aufgewachsen, bevor sie mit ihren Eltern und Geschwistern nach dem Krieg in die alte Heimat Hagen zurückkehrte.

Wesentlich bitterer sei für sie gewesen, als sie 1948 nicht an den Spielen von London teilnehmen konnte, da Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst aus der olympischen Familie ausgeschlossen war. In London sei die Siegerin über 100 Meter Rücken langsamer geschwommen als sie selbst kurz zuvor bei den Deutschen Meisterschaften, weiß Herbers. Doch auch als verhinderte Goldmedaillengewinnerin verbindet die rüstige Seniorin mit den Olympischen Spielen viel Positives. Ihre Unterkunft in Helsinki, ein Studentenwohnheim, sei zwar sehr einfach gewesen, habe aber gut zu der unkomplizierten Atmosphäre der Spiele gepasst. Das finnische Publikum habe sich nicht nur als fachkundig, sondern auch als "sehr deutschfreundlich" erwiesen — sieben Jahre nach dem Krieg keine Selbstverständlichkeit.

Lieber Olympia statt Schlaf

Ein Jahr nach ihrem Olympia-Gastspiel beendete Erna Herbers ihre Schwimmkarriere. Nach Stationen in Hamburg und Hannover zog die Hausfrau 1970 mit ihrer Familie nach Hilden. Heute kommt die Seniorin zwar nur noch selten zum Schwimmen, sieht sich aber mit Begeisterung Sportwettkämpfe im Fernsehen an. "Sogar Boxen", erzählt sie lachend. Die Übertragungen von den Spielen in Peking sind für Erna Herbers ein absolutes Muss. Und dafür nimmt sie jedes Opfer auf sich: Für "ihr" Finale über 100 Meter Rücken, das am 12. August um 4.20 Uhr deutscher Zeit stattfindet, würde sie sogar mitten in der Nacht aufstehen.

(RP)
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