Rückblick Das hat Hilden in 2015 bewegt

Hilden · Die wichtigsten Ereignisse und Entscheidungen des Jahres in Hilden in chronologischer Reihenfolge. Zusammengestellt von Gökçen Stenzel.

 Am 2. September kam die zweite Gruppe von Asylsuchenden in der Hildener Notunterkunft an. Sie fasst inzwischen 350 Menschen.

Am 2. September kam die zweite Gruppe von Asylsuchenden in der Hildener Notunterkunft an. Sie fasst inzwischen 350 Menschen.

Foto: Staschik, Olaf

Die Polizei weitet ihre Suche nach einem Mann aus, der im August und September 2014 sowohl in Hilden als auch in Langenfeld Frauen vergewaltigt haben soll. Nachdem Aufrufe mit einem Phantombild nicht den entscheidenden Durchbruch gebracht haben, lädt die Polizei im Januar 400 junge Männer auf die Hildener Wache ein. Sie gelten nicht als tatverdächtig, sondern als Zeugen und sollen freiwillig eine Speichelprobe abgeben. Damit will die Polizei sie letztlich als Täter ausschließen, was auch gelingt: Bis heute gibt es keine heiße Spur, haben alle Versuche noch nicht zu einer Festnahme geführt. Es wird weiter ermittelt.

Die Nachricht kommt für Hilden einigermaßen überraschend — einfach schon deshalb, weil sich die Itterstadt nicht vorstellen konnte, einmal ohne den Möbelriesen Vonnahme zu sein, zumal eine Nachfolgeregelung für Werner Vonnahme geregelt schien. Ende Februar hieß es aber: Aus Vonnahme wird Hardeck. Die Möbelhauskette mit Hauptsitz in Bochum hat das Haus mit Wirkung zum 1. Juli 2015 übernommen und ausgebaut. Die 200 Arbeitsplätze blieben erhalten. Über die Kaufsumme hatten die beiden befreundeten Kaufmannsfamilien Stillschweigen vereinbart; die Stadtspitze stand dem Wechsel positiv gegenüber.

Drei Familien haben sich zusammengeschlossen, um die "Villa Hoxbach" als private Einrichtung für ihre alten Verwandten in Betrieb zu nehmen: Sie waren unzufrieden mit der Pflege, die sie zuvor beansprucht hatten. An der Gerresheimer Straße 232 steht das Haus, dessen Umbau Anfang März startete und wenig später beendet war. 217 Quadratmeter sind dabei so umgebaut worden, dass vier einzelne Zimmer für die Bewohner entstanden; neben den eigenen Verwandten kamen auch andere Mieter in der Villa unter. Das nötige Geld mussten die Familien vorstrecken. Das Interesse war zunächst riesig, später gab es aber auch Vakanzen in der Einrichtung, weil sich nicht alle auf Anhieb einig waren.

Mit einer Auftaktveranstaltung in Langenfeld beginnt die Kreispolizei ihre auffällige Aktion "Schütz dich!" Die Idee dazu stammt vom ehemaligen Verkehrsdirektor Thomas Decken, der inzwischen nach Düsseldorf gewechselt ist. In allen Städten des Kreises machen Polizisten auf die Gefahrenpunkte für Radler und Fußgänger aufmerksam. Sie zeichnen Silhouetten auf die Fahrbahnen, die täuschend echt so aussehen, als sei dort tatsächlich ein Unfall mit einem Toten geschehen. Ironischerweise gab es in diesem Jahr so viele Verkehrstote im Kreis Mettmann wie seit langem nicht mehr: 14 waren es bisher, sieben davon Fußgänger.

Praktisch während des gesamten Monats Mai streiken die Erzieher in den städtischen Einrichtungen, drei Tageseinrichtungen sind besonders davon betroffen. Die Stadt richtet Notgruppen ein, die Eltern helfen sich über einen gewissen Zeitraum selbst und bekommen ihre Beiträge zurück. Doch mit jeder weiteren Streikwoche schwindet das Verständnis nicht nur bei der Stadtspitze, sondern vor allem bei den Eltern: "Die Arbeit von Erziehern ist wichtig", schreibt zum Beispiel die Mutter eines Zweijährigen. "Aber meine Arbeit ist ebenso wichtig." Auch die Sozialarbeiter in den städtischen Einrichtungen nehmen an den Streiks teil.

Auf der Kreuzung Düsseldorfer Straße/Forststraße kommt es zu einem Zusammenstoß eines 55-jährigen Motorradfahrers mit einem Kombi, der Hildener stirbt. Freunde und Verwandte stellen ein Holzkreuz und Blumen sowie Grablichte auf, der Unfall erschüttert Hilden. Die genaue Ursache bleibt ungeklärt, ein Gutachter geht später davon aus, dass der Kradfahrer viel zu schnell unterwegs war. Doch auch die hohen Büsche und Gräser auf der Verkehrsinsel dort kommen in Verruf: Haben sie den Beteiligten die Sicht genommen? Diese Frage, gestellt von einem RP-Leser, der die Örtlichkeit zudem im Foto festhielt, beschäftigt die Stadt noch Wochen danach. Der Bauhof mähte kurz danach den Bewuchs nicht nur dieser, sondern auch anderer Verkehrsinseln und musste sich den Vorwurf gefallen lassen, damit nun zu spät gewesen zu sein. Er konterte, dass es Mäh-Pläne gebe, an die man sich auch gehalten habe. Die Familie des Verstorbenen litt unter der wiederkehrenden Berichterstattung zum Thema, erhielt aber auch viele Beileidsbekundungen.

Auch fast zwei Wochen nach Ende des Poststreiks warten viele Empfänger noch auf Briefe, die irgendwann nach dem 8. Juni im regionalen Verteilzentrum eingegangen waren und seither in einem der so genannten Zustellstützpunkte gelagert sind. Einer der Gründe, weshalb es nicht schneller geht, könnte darin liegen, dass Springer den Stammboten nicht mit älterer Post helfen. So berichtet es zumindest ein RP-Leser, der mit seiner Postbotin sprach. Der Ärger über nicht zugestellte Post macht sich in diesen Wochen Luft, viele Zuschriften erreichen die Redaktion.

Ab 1. September finden nur noch die Schulgottesdienste der Walter-Wiederhold-Gemeinschaftsgrundschule in der Kirche St. Johannes Evangelist statt. Nach "intensivem Abwägen" und "mit großem Bedauern" haben die Gremien der Kirchengemeinde St. Jacobus entschieden, das Gotteshaus nicht weiter zu nutzen. Die Entscheidung dazu fällt im August und wird von Pfarrer Ulrich Hennes verkündet. Für den Bürgerverein Hilden West ist das keine gute Nachricht. "Wir befürchten, dass unser Stadtteil irgendwann völlig ausblutet", sagt die Zweite Vorsitzende Birgit Behner.

Gerade hat die Stadt es geschafft, die ehemalige Albert-Schweitzer-Schule als Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge umzubauen — da kommen bereits die nächsten 120 Asylsuchenden an. Für den 11. September mussten die Teams um Michaela Neisser auch die Pavillons vorbereiten, insgesamt ist seitdem auf dem Gelände Platz für 350 Menschen. Eine Erleichterung gibt es seither ebenfalls: Früher wurden die Asylsuchenden zur Registrierung nach Dortmund oder Unna gefahren, jetzt kommen mobile Teams in die Erstaufnahmen. Die Personalien und Fingerabdrücke der Asylsuchenden werden in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule erfasst. In den ausgeräumten Klassenzimmern stehen 13 bis 16 Feldbetten, dicht an dicht. Intimsphäre: null. Die Schule ist alt, aber in einer Turnhalle wäre alles wohl noch viel schwieriger, heißt es.

Auch mussten sich die Abläufe einspielen. Dabei geholfen hat Moulay Kamal Belhassan, der Beauftragte der Bezirksregierung vor Ort — ein sehr netter, junger Mann mit marokkanischen Wurzeln. Er dolmetscht, spricht Arabisch, Englisch und perfekt Deutsch — und ist ständig gefordert. "Mit Moulay haben wir unglaubliches Glück gehabt", sagt Neisser: "Er hat sich freiwillig für diesen Job gemeldet. Das merkt man ihm an." Auch Yanni, ein 25-jähriger Syrer, hat in seiner Zeit in der Notunterkunft geholfen und gedolmetscht — eine Riesenhilfe.

In der Unterkunft bleiben die Ankommenden meistens nur einige Wochen. Nach ihrer Registrierung werden sie auf andere Städte verteilt — bis auf die, die in Hilden bleiben. Für sie hat die Stadt ihre Integrationsbemühungen in diesem Herbst noch einmal verstärkt, ihre Zahl ändert sich praktisch täglich.

 Nahe der Unfallstelle wurden Kerzen und ein Kreuz zur Erinnerung an den tödlich verunglückten Motorradfahrer aufgestellt.

Nahe der Unfallstelle wurden Kerzen und ein Kreuz zur Erinnerung an den tödlich verunglückten Motorradfahrer aufgestellt.

Foto: Staschik, Olaf

Die Polizei hat bis zu diesem Zeitpunkt in den zehn Städten 1279 Einbrüche registriert, der Wert der entwendeten Gegenstände wurde auf rund 3,55 Millionen Euro geschätzt. Durchschnittlicher Schaden pro Haushalt: etwa 5000 Euro. Nur etwas mehr als 20 Prozent der Einbrüche werden aufgeklärt. Besonders betroffen sind Hilden und Ratingen. "Wir haben in Hilden fast 70 Prozent mehr Einbrüche im Vergleich zum Vorjahr", bestätigt Kriminaldirektor Johannes Hermanns. "Wir werden von Diebesbanden aus Südosteuropa überrollt." Hauptproblem sind nach wie vor die reisenden Tätergruppen. "Es werden gezielt Leute in Wohngebieten abgesetzt, die dann auf Diebestour gehen", sagt Hauptkommissar Rainer Herbrand. In den ersten neun Monaten dieses Jahres berichtete die Polizei von 119 Einbrüchen in Hilden. Das sind nahezu genauso viele Einbrüche wie im ganzen vorigen Jahr (118). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Polizei vermutlich nicht jeden Einbruch gemeldet hat. Mit anderen Worten: Einbrecherbanden haben Hilden ins Visier genommen.

Die Bebauung des Geländes der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule war sieben Jahre lang Hildens umstrittenstes Bauprojekt — und bleibt es auch, wie es aussieht. Für die ersten sieben Baugrundstücke an der Lindenstraße gibt es trotz verlängerter Bewerbungsfrist nur fünf Bewerbungen. Offenbar ist den potenziellen Bauherren der Preis zu hoch. "Bei so wenig Bewerbungen müssen wir das Ausschreibungsverfahren hinterfragen", sagt BA-Fraktionsvorsitzender Ludger Reffgen. Auch eine der Gruppen, die alternative Wohnformen dort leben wollen, hat sich zurückgezogen.

Pünktlich zum Weihnachtsfest macht die Verwaltung den Bürgern ein besonderes "Geschenk": Sie schlägt vor, im kommenden Jahr die Grundsteuern zu erhöhen. Bürgermeisterin Birgit Alkenings will die Wirtschaft schonen und deshalb die Gewerbesteuer nicht antasten. Stattdessen sollen die Eigentümer stärker zur Kasse gebeten werden. Es ist noch nicht lange her, da verkündete Stadtkämmerer Heinrich Klausgrete eine Haushaltssperre mit sofortiger Wirkung. Der neue Haushalt muss Antworten auf die Frage geben, wie das Haushaltsdefizit reduziert werden kann.

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